Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) pocht auf die Einführung eines Industriestrompreises und warnt vor der Abwanderung energieintensiver Unternehmen. "Wir müssen uns die Alternative klarmachen", sagte Habeck am Dienstag zu Beginn einer Industriekonferenz seines Ministeriums in Berlin: Das wäre "der Verlust von Industrien". Würden Firmen mit hohem Energieverbrauch abwandern, verliere die Industrie das, "was die Wertschöpfungskette ausmacht", nämlich eine Produktion vom "Grundprodukt zum Endprodukt".
Die Regierungskoalition diskutiert bereits seit Monaten über einen verbilligten Strompreis für besonders energieintensive Industriezweige. Grüne und SPD-Fraktion sind dafür, die FDP dagegen. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) äußerte sich wiederholt skeptisch. Zur Frage, wann sich die Ampel-Koalition in der Frage einigen werde, sagte Habeck am Dienstag: "Vielleicht schaffen die Haushaltsberatungen eine gewisse Klarheit."
Der Präsident des Ifo-Instituts, Clemens Fuest, wandte sich entschieden gegen einen Industriestrompreis: "Der Industriestrompreis ist eine Brücke ins Nichts", sagte er der "Wirtschaftswoche". Energie werde dauerhaft teuer sein in Deutschland. Schon deshalb sei die Idee eines Brückenstrompreises verfehlt.
Wenn die Politik die energieintensive Industrie halten wolle, "dann sollte man die Energiepolitik eben ändern, beispielsweise Schiefergasförderung zulassen", sagte Fuest dem Magazin. "Stattdessen wird in die Staatskasse gegriffen, um Milliardensubventionen zu zahlen."
Habeck empfängt am Dienstag Vertreter von Gewerkschaften und Unternehmen zur sechsten Industriekonferenz in seinem Ministerium. Er hatte vergangene Woche seine neue Industriestrategie vorgestellt und machte darin klar, dass er eine stark auf staatliche Unterstützung ausgerichtete Industriepolitik verfolgen will, um auch energieintensive Grundstoffindustrien im Land zu halten. Die Reaktionen aus der Industrie fielen größtenteils positiv aus.
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