Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) hat sich beunruhigt über wachsenden Antisemitismus in Deutschland vor dem Hintergrund des Nahost-Konflikts gezeigt. Neben Antisemitismus bei Islamisten und Rechtsextremen bereite ihm dabei auch Antisemitismus "in Teilen der politischen Linken" Sorge, sagte der Wirtschaftsminister am Mittwoch in einem Video auf der Online-Plattform X (vormals Twitter). Dies sei "leider auch bei jungen Aktivistinnen und Aktivisten" der Fall.
"Antikolonialismus darf nicht zu Antisemitismus führen", sagte Habeck. Der Grünen-Politiker begrüßte, dass sich die deutsche Vertretung der Klimabewegung Fridays for Future klar von Äußerungen aus der internationalen Sektion zum Nahost-Konflikt abgegrenzt habe. Dies sei "mehr als respektabel". "Antisemitismus ist in keiner Gestalt zu tolerieren", stellte der Vizekanzler klar, für jegliche religiöse Intoleranz sei "in Deutschland kein Platz".
Auch von den in Deutschland lebenden Musliminnen und Muslimen sowie ihren Verbänden forderte Habeck ein, sie müssten sich "klipp und klar von Antisemitismus distanzieren". Einige hätten dies auch getan, jedoch "insgesamt zu wenige". Das Verbrennen israelischer Fahnen hingegen oder "das Preisen des Terrors der Hamas" seien Straftaten.
Wer Deutscher sei, müsse sich dafür vor Gericht verantworten, "wer kein Deutscher ist, riskiert außerdem seinen Aufenthaltsstatus" und wer keinen solchen Status habe, "liefert einen Grund, abgeschoben zu werden", warnte der Minister. "Das Ausmaß bei den islamistischen Demonstrationen in Berlin und in weiteren Städten Deutschlands ist inakzeptabel und es braucht eine harte politische Antwort".
Nachdrücklich mahnte Habeck auch das Bekenntnis zur Sicherheit Israels an. "Das Existenzrecht Israels darf nicht relativiert werden", dies sei auch eine Folge der historischen deutschen Verantwortung aufgrund des Holocaust. Ebenso müsse gewährleistet sein, "dass Jüdinnen und Juden frei und sicher in Deutschland leben können". Es dürfe nicht hingenommen werden, dass in den jüdischen Gemeinden "die Angst zurück" sei.
Dies bedeute natürlich nicht, dass Kritik an Israel nicht erlaubt sei und auch "für die Rechte der Palästinenser und auch für ihr Recht auf einen eigenen Staat einzutreten", betonte Habeck aber auch. Er verwies auf das Leben der Menschen in Gaza "in Perspektivlosigkeit und Armut" sowie auf Gewaltakte israelischer Siedler gegen Palästinenser.
Mit Blick auf den Krieg in Gaza mache die Bundesregierung "Israel immer wieder deutlich, dass der Schutz der Zivilbevölkerung zentral ist". Die Hamas jedoch sei "eine mordende Terrorgruppe", die auch einer Aussöhnung beider Seiten entgegenstehe.
Es sei "mehr als besorgniserregend", dass sich hinter wie auch immer gearteter Israel-Kritik "purer Antisemitismus" verstecke, sagte auch Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) im ZDF. Auch sie kritisierte antiisraelische Äußerungen aus der internationalen Organisation von Fridays for Future.
Der CDU-Innenpolitiker Alexander Throm begrüßte die "unterstützenswerten" Worte Habecks gegen Antisemitismus, forderte Gleiches aber auch vom Rest der Bundesregierung. So müsse Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sicherstellen, dass in deutschen Moscheen "keinerlei Raum für antisemitische und anti-westliche Rhetorik ist", verlangte Throm im Portal t-online. Ausländerinnen und Ausländer, die wegen antisemitischer Taten verurteilt würden, sollten ausgewiesen werden.
Der Islamexperte Eren Güvercin sprach in dem Portal von einer "beeindruckenden Grundsatzrede" Habecks. Auch er kritisierte jedoch, ansonsten sei hier die Bundesregierung "bisher erschreckend stumm" geblieben.
Habecks Video sei "in dieser Form die Ausnahme", sagte auch der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, den Sendern RTL und ntv. Schuster begrüßte die Worte des Vizekanzlers ausdrücklich. Er hob zudem hervor, diese seien ein "ausgewogenes Statement", das auch "die berechtigten Belange der Palästinenser" berücksichtige.
bk/pw