Um die teils sehr schlechten Arbeitsbedingungen für Paketzusteller zu verbessern, empfiehlt eine von der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung veröffentlichte Studie ein Verbot von Subunternehmen und Leiharbeit. Das bereits seit längerem von der Gewerkschaft Verdi und im Mai auch vom Bundesrat geforderte Verbot der Vergabe von Werkverträgen an Subunternehmen sei rechtlich möglich, erklärten die Gutachter am Freitag.
Die Gutachter Anneliese Kärcher und Manfred Walser von der Hochschule Mainz untersuchten, ob ein solches Verbot mit dem Grundgesetz und EU-Recht vereinbar wäre. Ihr Ergebnis: Einem "Direktanstellungsgebot", das verschlungene Konstruktionen mit Subunternehmen verhindern würde und an bereits bestehende Regelungen in der Fleischwirtschaft angelehnt sein könnte, stehe rechtlich nichts im Wege.
Den Gutachtern zufolge gibt es eine erhebliche Unwucht in der Paketbranche. Innerhalb von zehn Jahren habe sich das Sendungsvolumen verdoppelt und 2021 mit 4,5 Milliarden beförderten Paketen ein neues Rekordhoch erreicht. Gleichzeitig blieb der Stundenlohn der Vollzeitbeschäftigten mit 17,12 Euro im Jahr 2009 und 17,13 Euro im Jahr 2020 quasi unverändert, was einen Reallohnverlust von 15 Prozent bedeute. Die Finanzkontrolle Schwarzarbeit habe auch immer wieder eklatante Verstöße gegen das Mindestlohngesetz festgestellt.
Wie die Gutachter darstellten, lässt von den sechs dominierenden Konzernen nur DHL Pakete nahezu vollständig von der eigenen Belegschaft zustellen. Fast die Hälfte der Zustellerinnen und Zusteller arbeite dagegen bei Subunternehmen für andere Anbieter. Die harte Preiskonkurrenz erkläre diese Entwicklung - im Onlinehandel seien Versand- und Rücksendekosten ein wesentlicher Wettbewerbsfaktor. Die Beförderung der Pakete vom Depot zur Kundschaft mache dabei drei Viertel der Kosten aus.
Die Gutachter schreiben, dass ein Verbot von Subunternehmen zwar ein Eingriff in die Berufsfreiheit wäre. Allerdings seien der Arbeits- und Gesundheitsschutz und damit das Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit der Paketzusteller von überragender Bedeutung. Die rein wirtschaftlichen Interessen der Paketunternehmen wögen das nicht auf.
Bei einer "Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht sowie der Dringlichkeit der den Eingriff rechtfertigenden Gründe" erscheine ein Direktanstellungsgebot zumutbar und damit verfassungsrechtlich gerechtfertigt, führten sie aus. Um Leiharbeit als Schlupfloch zu verhindern, müsse diese ebenfalls verboten werden.
Die stellvertretende Verdi-Vorsitzende Andrea Kocsis erklärte, "wir begrüßen die Ergebnisse des Gutachtens, das unsere Position bestätigt." Es sei höchste Zeit für ein gesetzliches Verbot von Subunternehmen in der Paketbranche, um prekäre Arbeitsbedingungen, Ausbeutung und illegale Beschäftigung wirksam zu bekämpfen.
ran/pe