Die Grünen haben eine Verbesserung der Corona-Schutzmaßnahmen an Schulen angemahnt, um erneute Schließungen zu verhindern. Das neue Schuljahr müsse "krisenfest" werden, sagte Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock am Freitag in Berlin bei der Vorstellung eines Grünen-Positionspapiers für eine "nationale Bildungsoffensive". Darin fordern die Grünen auch grundsätzlich mehr Bildungsgerechtigkeit durch einen Umbau der staatlichen Förderung sowie einen Bildungsgipfel von Bund, Ländern und Kommunen nach der Bundestagswahl.
Beim nächsten Treffen der Ministerpräsidentinnen und - präsidenten der Länder mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am 10. August müsse es das "verbindliche Versprechen" geben, dass Schulen als "Allerletztes" geschlossen würden, sagte Baerbock. Kinder bräuchten Schulen nicht nur zum Lernen. Die Grünen forderten in ihrem Positionspapier unter anderem, Schulen und Kitas mit Lüftungskonzepten, Luftfiltern, Teststrategien und Masken "so sicher wie möglich" zu machen.
Darüber hinaus wollen die Grünen nach der Bundestagswahl mit einer "nationalen Bildungsoffensive" die Chancen für alle Kinder durch eine Umgestaltung der staatlichen Förderung verbessern. "Schon vor der Corona-Pandemie hatte unser Bildungssystem ein Gerechtigkeitsproblem", heißt es in dem Grünen-Papier. Die Pandemie habe diese Ungleichheit verschärft und manifestiert.
Es sei Aufgabe der Politik, es in Zukunft besser zu machen, sagte dazu Baerbock. Die Zäsur durch die Pandemie müsse genutzt werden, um die Bildung gemeinsam mit den Ländern zu stärken.
Die Grünen schlagen dafür unter anderem ein neues Bildungs- und Teilhabegesetz vor. Dadurch sollen Schulen mit einem Anteil von mehr als 20 Prozent anspruchsberechtigter Kinder einen besonderen Förderauftrag vom Staat und automatisch mehr Geld bekommen. Schülerinnen und Schüler, die mehr Unterstützung bräuchten, sollten auch mehr gefördert werden.
Die Partei plädiert im Bildungsbereich auch für eine Reform des sogenannten Königsteiner Schlüssels, der die Grundlage für die Verteilung von Bundesgeldern auf die Länder bildet. Dadurch wird laut den Grünen derzeit bewirkt, "dass bei gemeinsamer Finanzierung pro Kind in einem Bundesland wie Bremen viel weniger investiert wird als pro Kind in einem reichen Land wie Bayern". Die Bundesgelder sollten aber künftig bei denen ankommen, "die es meisten brauchen".
Die Grünen drängen auch darauf, die Digitalisierung der Schulen stärker voranzutreiben. Dafür solle eine "Bundeszentrale für digitale Bildung" gegründet werden.
Die Bildungsgewerkschaft GEW warf mit Blick auf das neue Schuljahr und wieder steigende Corona-Infektionszahlen den Ländern mangelnde Vorbereitung vor. "Die Schulen haben in den Ferien alles getan, trotzdem sind sie immer noch nicht gut genug vorbereitet auf den Umgang mit der Pandemie", sagte die GEW-Vorsitzende Maike Finnern der "Rheinischen Post". Die Politik habe "zu viel Zeit vertrödelt".
Finnern kritisierte, dass viele Klassenräume noch immer nicht richtig gelüftet werden könnten. "Der Bund und inzwischen auch einige Länder investieren zwar endlich in Luftfilter, aber die Zeit bis zum Herbst wird knapp", sagte die GEW-Vorsitzende dem Blatt. Zudem sei die bundesweite Förderung auf die Schulräume der Kinder und Jugendlichen bis zwölf Jahre beschränkt. "Das reicht nicht aus, da die hohen Zahlen besonders Jugendliche und junge Erwachsene betreffen", fügte sie hinzu.
by Ina FASSBENDER