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Grüne stecken bei Länderrat Kurs für Regierungsbildung ab

Grünen-Spitze stimmt Partei auf komplizierte Regierungsarbeit ein

Knapp eine Woche nach der Bundestagswahl haben die Grünen ihren Kurs für die Bildung einer neuen Regierung abgesteckt. Mit einem am Samstag auf dem Länderrat gefassten Beschluss wurde das Sondierungsteam eingesetzt, zudem entschieden die Delegierten, über die Aufnahme von offiziellen Koalitionsverhandlungen einen Parteitag abstimmen zu lassen. Am Ende sollen die Mitglieder das letzte Wort über den Gang in die Regierung haben. Die Spitze schwor die Partei auf eine komplizierte Regierungsarbeit ein.

Bei der Abstimmung über den Leitantrag gab es keine Gegenstimmen und nur eine Enthaltung. "Wir leiten aus dem Wahlergebnis einen klaren Auftrag ab, Verantwortung für die Gestaltung des Landes zu übernehmen und eine progressive Regierung zu bilden", heißt es in dem Text.

Die Grünen müssten "offen" in die anstehenden Gespräche gehen, "so wie wir diese Partei in den vergangenen Jahren offen geführt haben", sagte die Grünen-Vorsitzende Annalena Baerbock. "Das heißt, dass es manchmal auch kompliziert wird." Maßstab für die Gespräche sei der "klarer Aufbruch" für Klimaschutz, eine liberale Gesellschaft und "echten sozialen Zusammenhalt".

Ko-Parteichef Robert Habeck räumte auf dem Länderrat ein, die Arbeit in einer künftigen Regierung werde nicht ohne Debatten und Zumutungen vonstatten gehen. "Das wird anstrengend sein, das wird uns fordern." Er betonte zugleich, Bündnisse müssten auch "zwischen denen möglich sein, die nicht automatisch zusammen das gleiche wollen".

Auch Fraktionschef Anton Hofreiter sprach sich klar für den Gang in die Regierung aus. Nur weil nun eine Dreierbündnis notwendig sei, "verschwinden die Probleme ja nicht", sagte er. Es dürfe in der künftigen Regierung aber nicht nur um den kleinsten gemeinsamen Nenner gehen. "Dafür sind die Probleme zu groß."

Dem zehnköpfigen Team für die Sondierungen gehören laut dem Beschluss neben den Parteivorsitzenden Baerbock und Habeck auch die Fraktionsvorsitzenden Göring-Eckardt und Anton Hofreiter an.

Die Grünen haben nach der Wahl ihre Präferenz für ein Ampel-Bündnis mit SPD und FDP erkennen lassen. Auf dem Länderrat äußerte sich die Parteispitze aber nicht zu konkreten Koalitionen. Mit den Liberalen haben sie bereits sondiert, ein erstes Gespräch mit der SPD ist für Sonntag anberaumt. Aber auch mit der Union wollen die Grünen reden, und zwar am Dienstag.

Nach erfolgreicher Sondierung soll ein großer oder kleiner Parteitag über die Aufnahme offizieller Koalitionsverhandlungen entscheiden. Am Ende soll in einer Urabstimmung über Koalitionsvertrag und das grüne Personal in einer Regierung entschieden werden.

Die Grünen haben bei der Bundestagswahl 14,8 Prozent der Stimmen erreicht, die SPD 25,7 Prozent und die CDU/CSU 24,1 Prozent. Obwohl die Grünen bei der Wahl deutlich hinter ihren eigenen Erwartungen zurückblieben, stärkten die Delegierten des Länderrats der Parteispitze - und dabei insbesondere Baerbock - demonstrativ den Rücken.

Ex-Fraktionschef Jürgen Trittin sagte, Baerbock sei als Kanzlerkandidatin einer "frauenfeindlichen Kampagne" ausgesetzt gewesen und habe sich bei den TV-Triellen dennoch souverän geschlagen. "Jetzt geht es darum, dass dieses Land auf den 1,5-Grad-Pfad gebracht werden muss", sagte der frühere Bundesumweltminister.

by Odd ANDERSEN