Die Grünen wollen am Montag die Entscheidung zu ihrer Kanzlerkandidatur bekanntgeben - die Frage haben die beiden Bundesvorsitzenden Annalena Baerbock und Robert Habeck unter sich ausgemacht. Der Grünen-Digitalexperte Dieter Janecek sieht seine Partei angesichts des Machtkampfs der Union um die Kanzlerkandidatur als neuen Stabilitätsanker der deutschen Politik.
"Mitten in Krisenzeiten einen solchen Hahnenkampf aufzuführen, zeugt doch nur davon, wie inhaltlich entleert die Union mittlerweile ist", sagte der bayerische Grünen-Politiker Janecek der "Augsburger Allgemeinen" vom Samstag. "Die Brutalität und Selbstbezogenheit, die insbesondere den politischen Stil der CSU prägt, wirkt wie aus der Zeit gefallen."
Die Grünen seien ein größtmöglicher Kontrast: "Wer in unsicheren Zeiten Stabilität wünscht, findet diese bei uns Grünen", sagte Janecek weiter. "Wir werden die Frage der Kanzlerkandidatur am Montag in hoher Geschlossenheit und Harmonie entscheiden."
Die ehemalige Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag, Antje Vollmer, kritisierte die Harmonie dagegen. Sie erkenne ihre Partei "nicht mehr wieder", sagte sie dem "Wir". Es sei "eine ganz andere Partei als früher. Professioneller, machtbewusster, angepasster". Früher hätten die Grünen nicht leise auf eine Entscheidung der Vorsitzenden gewartet, um sie dann abzunicken.
Der hessische Landeschef der Grünen, Tarek Al-Wazir, verteidigte die Entscheidungsfindung: "Es gibt überall das Vertrauen, dass es in jedem Fall eine gute Entscheidung wird", sagte er dem "Wir". Die ehemalige Grünen-Vorsitzende Renate Künast sagte dem Magazin: "Jetzt geht es darum, wirklich Verantwortung zu übernehmen da draußen und die große Transformation anzugehen. Wir haben eine Aufgabe, die anderen sind der Lage doch erkennbar nicht gewachsen."
Die Grünen liegen nach allen Umfragen in der Wählergunst derzeit auf Platz zwei hinter der Union und hoffen, die CDU/CSU bei der Wahl zu überflügeln.
Baerbock wurde am Samstag zur Spitzenkandidatin ihrer Partei in Brandenburg gekürt, sie erhielt 106 Stimmen bei einer Gegenstimme und zwei Enthaltungen. Habeck geht für die Grünen-Kreisverbände Flensburg und Schleswig-Holstein als Direktkandidat in die Bundestagswahl. Die Delegierten wählten ihn am Samstag mit knapp 99 Prozent der Stimmen.
by John MACDOUGALL