Großbritannien hat seine Einwanderungsbestimmungen für zahlreiche Bewohner Hongkongs gelockert. Hongkonger, die einen sogenannten "British National Overseas"-Pass haben, können seit Sonntag für sich und ihre Angehörigen über eine Internetseite ein Arbeits- und Aufenthaltsvisum für Großbritannien beantragen. Nach fünf Jahren können sie dann die britische Staatsangehörigkeit beantragen. Die neuen Einwanderungsregeln sind eine Reaktion Londons auf das von China verhängte sogenannte Sicherheitsgesetz für die ehemalige britische Kronkolonie.
Der britische Premierminister Boris Johnson hatte das umstrittene Sicherheitsgesetz im Sommer als "ernsthaften Verstoß" gegen den britisch-chinesischen Vertrag zur Übergabe der ehemaligen Kronkolonie an die Volksrepublik im Jahr 1997 bezeichnet. Bei der Ankündigung des Visa-Angebots verwies er auf die "tiefe historische und freundschaftliche Verbundenheit" mit den Menschen in Hongkong.
Die chinesische Regierung reagierte erbost und kündigte schon vor einigen Tagen an, BNO-Pässe nicht länger als Reisedokument oder Ausweis zu akzeptieren. Die meisten Hongkonger nutzen im In- und Ausland ohnehin überwiegend ihre Hongkonger Dokumente. Für größere Beunruhigung sorgte daher die Ankündigung aus Peking, China behalte sich weitere Schritte vor. Befürchtet wird, dass die Behörden versuchen könnten, Hongkonger an der Ausreise nach Großbritannien zu hindern.
Die staatliche chinesische Nachrichtenagentur Xinhua warf London in einem Kommentar vom Sonntag eine "Kolonialmentalität" vor. Das Verbindungsbüro Pekings in Hongkong veröffentlichte am Sonntag eine kurze Erklärung, in der es seine "scharfe Missbilligung und entschiedenen Widerstand" gegen das britische Vorgehen zum Ausdruck brachte.
Rund 70 Prozent der 7,5 Millionen Hongkonger haben Anspruch auf den BNO-Pass. Seit dem Inkrafttreten des Sicherheitsgesetzes im Juli vergangenen Jahres schnellten die Antragszahlen für das Dokument um mehr als 300 Prozent in die Höhe. London rechnet in den kommenden fünf Jahren mit der Ankunft von bis zu 322.000 Hongkongern.
Das international scharf kritisierte Sicherheitsgesetz für Hongkong erlaubt den chinesischen Behörden ein hartes Vorgehen gegen alle Aktivitäten, die nach ihrer Auffassung die nationale Sicherheit bedrohen. Das Gesetzt greift massiv in die Autonomierechte der Sonderverwaltungszone ein. Es war im vergangenen Jahr unter dem Eindruck der Massenproteste für mehr Demokratie erlassen worden. Seitdem haben die Behörden ihr Vorgehen gegen Demokratie-Aktivisten massiv verschärft.
by Anthony WALLACE