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Größter Krankenhauskomplex im Gazastreifen von tödlichem Angriff getroffen

Bei einem Angriff im Gazastreifen ist nach Angaben der radikalislamischen Hamas am Freitag der größte Krankenhauskomplex in dem Palästinensergebiet getroffen worden. Während der Direktor des Al-Schifa-Krankenhauses im Zentrum der Stadt Gaza zwei Tote und zehn Verletzte meldete, sprach die radikalislamische Hamas von 13 Toten und "dutzenden Verletzten". Beide machten Israel für den Angriff verantwortlich. Die Angaben ließen sich zunächst nicht unabhängig überprüfen; Israel reagierte zunächst nicht auf die Berichte. Unterdessen brach Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) zu einer erneuten Reise in den Nahen Osten auf, bei der sie auch in Israel Station machen will.

Israelische Panzer hätten das Gelände beschossen und die Entbindungsstation des Al-Schifa-Krankenhauses getroffen, sagte Krankenhausdirektor Mohammed Abu Salmija. Ein Journalist der Nachrichtenagentur AFP sah mindestens sieben abgedeckte Leichen außerhalb des Krankenhauses. 

Die israelische Armee äußerte sich zunächst nicht zu dem Angriff. Am Donnerstagabend hatte sie heftige Kämpfe in der Nähe des Al-Schifa-Krankenhauses gemeldet und angegeben, "mehr als 50 Terroristen" getötet und von den Hamas genutzte Tunnel zerstört zu haben. Israel hat der Hamas wiederholt vorgeworfen, das Al-Schifa-Krankenhaus als Versteck und zur Koordination ihrer Angriffe zu nutzen, was die Palästinenserorganisation bestreitet.

Laut der von der radikalislamischen Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde im Gazastreifen belagerten israelische Panzer am Freitag vier Krankenhäuser im Westen von Gaza. Zeugen berichteten von Panzern rund um das Kinderkrankenhaus Al-Rantisi.

Die israelische Armee hatte ihre Angriffe auf Ziele der Hamas im Gazastreifen als Reaktion auf den brutalen Überfall der Islamisten auf Israel am 7. Oktober gestartet. Hunderte Hamas-Kämpfer waren nach Israel eingedrungen und hatten Gräueltaten vor allem an Zivilisten verübt. Israelischen Angaben zufolge wurden etwa 1400 Menschen getötet. Mehr als 240 Menschen wurden als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt. 

Die militante Palästinenserorganisation Islamischer Dschihad veröffentlichte am Donnerstag ein Video, in dem ihren Angaben zufolge zwei der Geiseln zu sehen sind. Der militante Arm der Organisation erklärte, die in dem Film gezeigte alte Frau und den 13-jährigen Jungen freilassen zu wollen, "wenn die notwendigen Sicherheitsvoraussetzungen vor Ort gegeben sind". Die israelische Armee prangerte die Veröffentlichung des Videos umgehend als "psychologischen Terrorismus" an.

Angesichts der andauernden Kämpfe vor allem im Norden des abgeriegelten Gazastreifens forderte der Leiter des UN-Hilfswerks für palästinensische Flüchtlinge (UNRWA), Philippe Lazzarini, ein Ende des "Blutbads". "Ganze Stadtteile dem Erdboden gleichzumachen, ist keine Antwort auf die ungeheuerlichen Verbrechen der Hamas", erklärte er in Richtung Israel. 

Nach nicht unabhängig überprüfbaren Angaben der radikalislamischen Hamas wurden seit Beginn der israelischen Angriffe im Gazastreifen bislang mehr als 11.000 Menschen getötet, darunter 4500 Kinder.

Um eine Flucht von Zivilisten aus dem Norden in den Süden des Palästinensergebiets zu ermöglichen, stimmte Israel am Donnerstag nach Angaben der US-Regierung täglichen vierstündigen Feuerpausen zu. US-Außenminister Antony Blinken lobte bei einem Besuch im indischen Neu Delhi die "Fortschritte", erklärte aber, es müsse "viel mehr getan werden, um die Zivilbevölkerung zu schützen und ihr humanitäre Hilfe zukommen zu lassen". 

Anlässlich ihres erneuten Nahost-Besuch betonte auch Außenministerin Baerbock die Dringlichkeit humanitärer Hilfe für die Menschen im Gazastreifen. Die Aussicht auf die von Israel zugesagten täglichen Feuerpausen sei dafür "zentral", sagte die Ministerin, die am Freitag und Samstag die Vereinigten Arabischen Emirate, Saudi-Arabien und Israel besuchen wird.  

Mit Blick auf die Bemühungen um die Freilassung der von den Hamas verschleppten Geiseln und humanitäre Zugänge zum Gazastreifen erklärte Baerbock, es gäbe nur Aussicht auf Erfolg, "wenn wir zusammen mit den arabischen Golfstaaten an einem Strang ziehen".

Nach Angaben eines mit der Angelegenheit betrauten Beamten berieten die Chefs von israelischen und US-Geheimdiensten in Katar über eine "mögliche humanitäre Pause", um eine Freilassung von Geiseln und die Lieferung von Hilfsgütern an die Zivilbevölkerung zu ermöglichen.

lt/gt