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Glockenläuten zum Gedenken an den Anschlag auf die Synagoge in Halle

Bundespräsident Steinmeier bei Gedenkveranstaltungen in Saalestadt

In Halle haben die Gedenkveranstaltungen zum ersten Jahrestag des Anschlags auf die jüdische Gemeinde begonnen. Um 12.01 Uhr, der Zeit, zu der der mutmaßliche Attentäter Stephan B. vor genau einem Jahr den ersten Schuss auf die Tür der Synagoge abgefeuert hatte, läuteten für zwei Minuten alle Kirchenglocken in der Stadt. Das öffentliche Leben stand für kurze Zeit still.

Am Nachmittag wollen Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU), Halles Oberbürgermeister Bernd Wiegand (parteilos) und der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde, Max Privorozki, an der Synagoge eine Gedenktafel einweihen. Teil des Mahnmals ist auch die frühere Tür der Synagoge.

Auch an einem Dönerimbiss, in dem der Täter einen jungen Mann erschoss, soll eine Gedenktafel enthüllt werden. Die zentrale Gedenkveranstaltung ist für 17.00 Uhr in der zur Konzerthalle umgewidmeten Ulrichskirche geplant, wo unter anderem Steinmeier sprechen wird. Wegen der Corona-Pandemie und den damit geltenden Abstandsregeln wird die Veranstaltung an rund ein Dutzend Orte in Halle übertragen.

Stephan B. versuchte am 9. Oktober vergangenen Jahres während der Feierlichkeiten zum jüdischen Feiertag Jom Kippur, bewaffnet in die Synagoge in Halle einzudringen. Dort hielten sich zu diesem Zeitpunkt 52 Menschen auf. Als er an der Eingangstür scheiterte, erschoss B. auf offener Straße eine zufällig vorbeilaufende Passantin, drang anschließend in den Dönerimbiss ein und tötete dort einen Mann.

Auf seiner Flucht durch den Saalekreis verletzte er zwei weitere Menschen schwer. Seine Taten filmte der mit mehreren Waffen und Sprengstoff ausgerüstete B. und stellte die Aufnahmen live ins Netz. Die rechtsextremistische Gewalttat löste in Deutschland und weltweit Entsetzen aus.

Wegen des Anschlags steht der 28-Jährige derzeit vor Gericht. Zum Prozessauftakt räumte er die Tatvorwürfe grundsätzlich ein. In dem Verfahren treten auch mehr als 40 Nebenkläger auf, darunter Angehörige der Opfer und Mitglieder der jüdischen Gemeinde.

Laut der Anklage der Bundesanwaltschaft handelte B. aus einer antisemitischen, rassistischen und fremdenfeindlichen Gesinnung heraus. Er habe eine "möglichst große Anzahl" der in der Synagoge versammelten Menschen töten wollen.

Parallel zu den Gedenkfeierlichkeiten veranstaltet das Land Sachsen-Anhalt eine Landesdemokratiekonferenz, auf der über Antisemitismus und Rassismus diskutiert wird.

by JENS SCHLUETER