Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) sieht Kitas nicht als Treiber des Corona-Infektionsgeschehens in Deutschland. "Kitas sind keine Infektionsherde, Kinder sind keine Infektionstreiber", sagte sie am Freitag in Berlin. Der Regelbetrieb in den Einrichtungen nach den flächendeckenden Schließungen im Frühjahr sei bisher gut verlaufen.
Giffey verwies auf Daten aus der laufenden "Corona-Kita-Studie" des Robert-Koch-Instituts und des Deutschen Jugendinstituts. Sie stützt sich unter anderem auf wöchentliche Meldungen von mehr als 12.000 Kitas und anderen Einrichtungen der Kindertagesbetreuung in Deutschland.
Der Studie zufolge liegt die Rate der infektionsbedingten Schließungen seit der Rückkehr zum Regelbetrieb "durchgehend" unter einem Prozent. Giffey bezeichnete dies als "sehr gut". Seit Beginn des neuen Kita-Jahres im August und bis einschließlich vergangener Woche wurden laut der Studie wöchentlich etwa sechs Corona-Ausbrüche in den mehr als 56.000 deutschen Kitas registriert.
Zwar meldete demnach mehr als ein Viertel der Kitas in den vergangenen Wochen mindestens einmal einen Verdacht- oder Infektionsfall. Letztlich wurde aber pro Woche bei maximal einem Prozent der Einrichtungen ein Infektionsfall bestätigt.
Giffey lobte, dass sich die Kitas "sehr anpassen" an die Pandemie. Zur weiteren Unterstützung veröffentlichte das Familienministerium eine Broschüre mit konkreten Tipps für den Kita-Alltag. Giffey kündigte außerdem Empfehlungen zum Umgang mit der "Rotznase" an - also zum Vorgehen bei einfachen Erkältungskrankheiten, wie sie im Kita-Alter sehr häufig vorkommen, die aber womöglich als Corona-Verdachtsfall gewertet werden könnten.
Sowohl Giffey als auch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) betonten auf der gemeinsamen Pressekonferenz, dass Kitas ebenso wie Schulen weiterhin offengehalten werden sollten. Darüber herrsche auch Konsens zwischen Bund und Ländern, sagte Spahn.
Deutschland stünden angesichts der rapide steigenden Infektionszahlen "keine leichten Wochen" bevor, sagte der Gesundheitsminister. Dennoch setze die Regierung darauf, "dass wir Kitas und Schulen im Regelbetrieb halten können". Zurückstecken müssten zuerst andere Bereiche, insbesondere "Geselligkeit und Feiern". Er glaube, dass dies auch viele Bürger so sähen, sagte Spahn.
Zugleich verteidigten die beiden Regierungsmitglieder die flächendeckende Schließung von Schulen und Kitas im Frühjahr. Damals sei unklar gewesen, welche Rolle Kinder bei der Virusausbreitung spielten, sagte Giffey. "Wir sind jetzt einen großen Schritt weiter." Auch Spahn sagte, für die Schließungen habe es "gute Gründe" gegeben. Der Regierung sei bewusst, wie hart dieser Schritt für die Familien gewesen sei.
Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) forderte Bund und Länder auf, mehr für den Arbeits- und Infektionsschutz der Kita-Beschäftigten zu tun. "Wir dürfen uns nicht in Sicherheit wiegen und davon blenden lassen, dass das Infektionsgeschehen in Kitas laut aktueller Ergebnisse der 'Corona-Kita-Studie' niedrig ist", erklärte GEW-Vorstandsmitglied Björn Köhler. "Wir brauchen jetzt Gefährdungsbeurteilungen an den Kitas, deren Empfehlungen dann konsequent umgesetzt werden müssen."
by Michael Sohn