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Gewalt zwischen Israelis und Palästinensern eskaliert weiter

Zwei Israelinnen durch Raketen aus Gazastreifen getötet

Trotz internationaler Aufrufe zur Zurückhaltung eskaliert die Gewalt zwischen Palästinensern und Israelis im Nahen Osten weiter. In Aschkelon im Süden Israels wurden am Dienstag zwei Frauen durch Raketenbeschuss aus dem Gazastreifen getötet, wie der israelische Rettungsdienst mitteilte. Seit Montag wurden nach Angaben der israelischen Armee mehr als 300 Raketen aus Gaza in Richtung Israel abfeuert, etwa 90 Prozent von ihnen fing das israelische Abwehrsystem "Iron Dome" ab.

Bei israelischen Angriffen auf Ziele in Gaza wurden laut palästinensischen Angaben 26 Menschen getötet, darunter neun Kinder. Die radikalislamische Hamas drohte daraufhin, in der Stadt Aschkelon ein "Inferno" anzurichten, sollten bei israelischen Angriffen auf den Gazastreifen weitere Zivilisten getötet werden. "Am Ende werden die Palästinenser gewinnen", erklärte Hamas-Führer Ismail Haniyeh. Die Hamas-Organisation Kassam-Brigaden gab an, am Dienstag 137 Raketen binnen fünf Minuten in Richtung der israelischen Städte Aschkelon und Aschdod geschossen zu haben.

In Aschkelon wurden zwei Israelinnen im Alter von 65 und 40 Jahren getötet. In der Stadt waren laute Explosionen zu hören. Eine Rakete riss ein Loch in ein Wohnhaus. Nach Angaben der Gemeinde trafen insgesamt fünf Geschosse bewohnte Gebiete. Etwa 30 Menschen, darunter fünf Kinder, wurden in der rund 150.000 Einwohner zählenden Stadt verletzt.

Nach israelischen Angaben wurden bei Angriffen im Gazastreifen 15 ranghohe Mitglieder militanter Palästinensergruppen getötet. Die Gruppe Islamischer Dschihad bestätigte den Tod von zwei führenden Mitgliedern. Palästinensischen Behörden in Gaza zufolge wurden 125 Menschen bei den israelischen Angriffen verletzt.

"Wir befinden uns in der Anfangsphase unserer Reaktion gegen militärische Ziele im Gazastreifen", sagte der israelische Armeesprecher Jonathan Conricus am Morgen. "Wir sind bereit für eine Eskalation." Der Raketenbeschuss aus dem Palästinensergebiet sei eine "Aggression", auf die die Armee reagieren müsse. Verteidigungsminister Benny Gantz erlaubte der Armee, falls nötig 5000 Reservisten zu mobilisieren.

Die Hilfsorganisation Save the Children zeigte sich indessen "entsetzt" über die Berichte und forderte ein Ende der Luftangriffe auf Zivilisten. Israel tue alles, um Kollateralschäden zu vermeiden, beteuerte Conricus. Es gebe keine Beweise dafür, dass bei den Angriffen auch Zivilisten getötet wurden.

Aus Diplomatenkreisen erfuhr AFP, dass Ägypten und Katar, die bereits in früheren Konflikten zwischen Israel und der Hamas vermittelt hatten, sich um eine Beruhigung der Lage bemühen würden.

In der Jerusalemer Altstadt herrschte am Dienstagmorgen AFP-Journalisten zufolge eine angespannte Ruhe. Bei den heftigsten Zusammenstößen seit Jahren zwischen israelischen Sicherheitskräften und Palästinensern in Ost-Jerusalem waren am Vortag etwa 520 Palästinenser und 32 Polizisten verletzt worden. "Sie haben auf alle geschossen, junge und alte Menschen", sagte der Palästinenser Siradsch im Makassed-Krankenhaus in Jerusalem. Der 24-Jährige wurde wegen einer Verletzung durch ein Gummigeschoss behandelt.

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International warf den israelischen Sicherheitskräften missbräuchlichen und übertriebenen Einsatz von Gewalt gegen "größtenteils friedliche palästinensische Protestierende" in Ost-Jerusalem vor. Es habe bei den Protesten in den vergangenen Wochen unverhältnismäßige und teils "unprovozierte Angriffe auf friedliche Demonstranten" gegeben. Bei einem Zwischenfall hätten berittene Polizisten einen Kreis von singenden Demonstranten aufgelöst, die im Stadtviertel Scheich Dscharra gegen die Räumung von palästinensischen Familien protestierten. Dabei sei ein Fliehender niedergetrampelt worden. Israel müsse für diese "systematischen Rechtsverletzungen" zur Verantwortung gezogen werden.

Die Polizei äußerte sich nicht zu den Vorwürfen, teilte AFP jedoch mit, dass sie Unruhe oder Aufrufe zu Gewalt nicht zulassen werde. Polizeipräsident Kobi Shabtai sagte dem Senter N12 TV am Montag, die Beamten hätten bisher "zu viel Zurückhaltung gezeigt".

by Von Ben Simon und Mai Yaghi