Die Gespräche zur Bildung einer neuen Regierung laufen auf Hochtouren: Nach den ersten Vorsondierungen von Grünen und FDP wollen beide Parteien am Sonntag getrennt zu Beratungen mit der SPD zusammenkommen. Die Liberalen wollen sich am Samstag aber zunächst mit der Union treffen, wie FDP-Generalsekretär Volker Wissing am Mittwoch in Berlin sagte.
Am Freitag wird es nach dem ersten Spitzentreffen von Grünen und FDP zunächst eine weitere Begegnung der beiden Parteien geben, und zwar in größerer Runde als am Dienstagabend. Die Grünen wollen ebenfalls mit der Union sprechen, einen Termin dafür gibt es aber noch nicht. Sie seien "mit der Union auch in Kontakt", das Wahlergebnis sei aber ein "klarer Auftrag für Erneuerung", sagte Parteichefin Annalena Baerbock am Mittwoch.
Am Samstag wollen die Grünen nach Baerbocks Angaben auf einem kleinen Parteitag alle weiteren Schritte für die Bildung einer neuen Regierung festlegen, dabei soll es auch um das zehnköpfige Sondierungsteam und den weiteren Zeitplan gehen. Am Sonntagabend soll es dann das bilaterale Gespräch mit der SPD geben. Von der Union hätten die Grünen für kommende Woche eine Einladung erhalten. "Da muss man dann noch in die genauere Planung gehen", sagte Baerbock.
Wissing sagte, die Union habe das nunmehr für Samstag geplante Gespräch angeboten. Die von den Sozialdemokraten ausgesprochene Einladung habe seine Partei ebenfalls angenommen. Der FDP sei es wichtig, "möglichst mit allen über das Wochenende bilateral gesprochen zu haben, die als Regierungspartner in Frage kommen", sagte Wissing.
An dem Gespräch mit den Grünen am Freitag sollen von FDP-Seite die Präsidiumsmitglieder teilnehmen, wie der Generalsekretär weiter ausführte. Zu möglichen Themen wollte er sich nicht konkret äußern.
Die SPD mahnte eine baldige Einigung an. Es gehe darum, mit Grünen und FDP "sehr zügig zu einer stabilen Regierung zu kommen", sagte SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil. Neben Kanzlerkandidat Olaf Scholz umfasst die SPD-Verhandlungsgruppe die Parteivorsitzenden Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans, Bundestagsfraktionschef Rolf Mützenich, die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer und Klingbeil selbst.
"2017 sollte sich nicht wiederholen", sagte Baerbock mit Blick auf die damals gescheiterten Verhandlungen über ein Jamaika-Bündnis. Deswegen dürften sich die Sondierungen in diesem Jahr nicht über Monate und Wochen hinziehen, sondern sollten "zügig von statten gehen".
Am Dienstagabend hatten sich die Spitzen von Grünen und FDP zu einem vertraulichen Gespräch getroffen. Sie posteten ein Instagram-Foto, auf dem FDP-Parteichef Christian Lindner, Wissing sowie die Grünen-Chefs Baerbock und Robert Habeck. Darunter stand geschrieben: "Auf der Suche nach einer neuen Regierung loten wir Gemeinsamkeiten und Brücken über Trennendes aus. Und finden sogar welche."
Die Grünen wollen die Parteimitglieder in einer Urabstimmung über einen Koalitionsvertrag und ihr Personaltableau entscheiden, wie aus dem Leitantrag für den Länderrat am Samstag hervorgeht. Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz sieht bei wichtigen Themen große Schnittmengen mit der FDP. "Für die Innen- und Rechtspolitik, aber auch bei der Digitalisierung wäre eine Zusammenarbeit von FDP und Grünen eine Riesenchance", sagte von Notz der Berliner "taz" (Donnerstagsausgabe).
by Volker WISSING