In gereizter Stimmung sind Bundesländer und Bundesregierung am Montagnachmittag in Beratungen über die Coronalage und mögliche schärfere Eindämmungsmaßnahmen gegangen. Eine zuvor bekannt gewordene Beschlussvorlage des Bundes stieß in den Reihen der Ministerpräsidenten vor allem wegen Vorschlägen zur Einführung einer generellen Maskenpflicht in Schulen und einer Halbierung der Klassen auf teilweise heftige Gegenreaktionen.
Wie die Nachrichtenagentur AFP am Montag aus Verhandlungskreisen erfuhr, drangen die Länder auf eine Verschiebung der Entscheidung über schärfere Maßnahmen im Schulbereich. Diese sollten erst bei einer weiteren Spitzenrunde am kommenden Montag fallen. "Angesichts der derzeit schwer einzudämmenden Infektionsgeschehens werden die Länder bis zur nächsten Konferenz in einer Woche einen Vorschlag vorlegen, wie Ansteckungsrisiken im Schulbereich weiter reduziert werden können", hieß es in einer von diesen vereinbarten Vorlage.
Zuvor war eine Beschlussvorlage des Bundesregierung für das neue Spitzengespräch bekannt geworden, bei dem über die weiterhin ernste Coronalage in Deutschland beraten wird. Demnach fordert die Regierung in Berlin eine generelle Maskenpflicht in Schulen in allen Jahrgängen sowie ein Halbierung der Klassen, also eine Art Wechselschichtsystem für den Unterricht. Zudem soll es strengere Kontaktbeschränkungen und eine allgemeine Quarantänepflicht beim Auftreten jeglicher Art von Erkältungssymptomen wie Husten geben.
Aus den Reihen der Länderregierungschefs gab es daraufhin teils deutliche Kritik. Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) sprach von einem unabgestimmten Vorstoß, der mit Blick auf Kinder sowie Schulen "unverhältnismäßig" sei. Das Vorgehen des Kanzleramts führe zu "Verunsicherung anstatt zur gemeinsamen Orientierung für die Bevölkerung", erklärte sie.
Mehrere andere Ministerpräsidenten betonten, sie rechneten am Montag zunächst nicht mit grundlegenden neuen Beschlüssen, sondern wollten zunächst die Situation bewerten. "Wir tun uns eher einen Gefallen damit, wenn wir insgesamt mit einem geschlossenen, überzeugenden Konzept für Weihnachten, für Neujahr, für den ganzen Dezember aufwarten", sagte etwa Niedersachsens Regierungschef Stephan Weil (SPD). Die Bürger müssten eine verlässliche Grundlage bis ins kommende Jahr bekommen. Dieses sei besser, als "scheibchenweise vorzugehen".
Nordrhein-Westfalens Regierungschef Armin Laschet (CDU) sprach sich im Vorfeld ebenfalls gegen grundlegendere Entscheidungen bei der für Montagnachmittag geplanten Spitzenrunde von Bund und Ländern aus. Diese sei als ein "Zwischenbilanztermin" gedacht, sagte er in der Internetsendung "Bild Live". Konkrete Beschlüsse könnten dann auf einer weiteren Konferenz eine Woche später getroffen werden. Zwischen Bund und Ländern herrsche Konsens, Schulen so lange wie möglich zu öffnen, fügte Laschet hinzu.
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) meldete Bedenken gegen die Pläne des Bundes an, Menschen bei jedem Auftreten von Erkältungssymptomen wie Husten sofort in häusliche Quarantäne zu schicken. Darüber müssten Bund und Länder noch einmal "ausführlich diskutieren", sagte der CSU-Chef im ZDF-"Morgenmagazin".
Angesichts des Infektionsgeschehens in den Schulen müsse noch einmal "intensiv" über die Situation dort beraten werden, fügte Söder hinzu. "Wir müssen auch über alternative Formen nachdenken, insbesondere in den höheren Klassen." Anstelle der vom Bund ins Gespräch gebrachten Quarantäneregel sollte besser eine Umstellung auf "Wechselunterricht" erfolgen. Lerngruppen sollten geteilt und jeweils ein Teil dann zu Hause via Internet unterrichtet werden.
Die Bundesländer hatten sich vom Vorfeld der am frühen Nachmittag gestarteten Spitzenrunde bereits untereinander beraten. Zuletzt waren die Maßnahmen gegen die Corona-Ausbreitung Anfang November verschärft worden. Damals wurden eine zunächst auf vier Wochen befristeter Teillockdown im Freizeit-, Kultur- , Gastronomie- und Sportbereich beschlossen sowie Kontaktbeschränkungen verschärft.
In der Öffentlichkeit sind nur Treffen mit maximal zehn Menschen aus zwei Haushalten erlaubt. Die Verschärfung folgte auf eine drastische Steigerung der Infektionszahlen und der Zahl der in Krankenhäusern behandelten Corona-Patienten. Seither bremste sich der Anstieg ab, es trat allerdings keine generelle Entspannung ein.
by Ina FASSBENDER