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Geiseldrama in ukrainischem Bus unblutig beendet

Alle 13 Menschen in Luzk unverletzt befreit - Täter ergibt sich

Unblutiges Ende eines Geiseldramas in einem Bus in der Ukraine: Nach rund zwölfstündigem Nervenkrieg sind am Dienstagabend alle 13 festgehaltenen Menschen unversehrt freigekommen. Der Täter ergab sich und wurde festgenommen, wie das Innenministerium mitteilte. In die Verhandlungen mit dem schwer bewaffneten Mann hatte sich Präsident Wolodymyr Selenskyj persönlich eingeschaltet.

Der 44-jährige Täter hatte gedroht, den in der westukrainischen Stadt Luzk von Sicherheitskräften umzingelten Bus in die Luft zu sprengen, sollten seine Forderungen nicht erfüllt zu werden.

Diese Forderungen waren bizarr: In seinem Telefonat mit Selenskyj verlangte der Mann offenbar, dass der Staatschef die Bürger zum Anschauen des Dokumentarfilms "Earthlings" aufrufen sollte. In dem Film mit dem US-Schauspieler Joaquin Phoenix als Erzähler geht es um die Misshandlung von Tieren durch Menschen.

Nachdem dann Selenskyj in einem Video im Onlinenetzwerk Facebook für den Film warb, ging das Geiseldrama schnell zu Ende. Zunächst ließ der Täter drei Geiseln frei. Wenig später kamen auch die übrigen zehn Menschen auf freien Fuß. Die Polizei hatte die Zahl der Geiseln zunächst mit 20 angegeben, korrigierte die Zahl nach Ende des Dramas aber nach unten.

"Es ist vorbei!" schrieb Innenminister Arsen Awakow, der in das rund 400 Kilometer von der Hauptstadt Kiew entfernte Luzk gereist war, im Internetdienst Twitter. Es habe keine Todesopfer gegeben, teilte Selenskyj auf Facebook mit. Laut Awakow hatte der Täter nach den Verhandlungen den Bus verlassen. Ein von Minister veröffentlichtes Foto zeigt den Geiselnehmer auf dem Boden liegend, in Handschellen und von Sondereinsatzkräften umzingelt.

Der Mann hatte laut Polizei Schüsse aus dem Bus auf die Sicherheitskräfte und eine über dem Bus kreisende Drohne abgegeben, ohne dass jemand verletzt wurde. Außerdem warf er den Angaben zufolge eine Granate und ein Paket mit einem Sprengsatz in die Straße, ohne dass es zu Explosionen kam. Nach Angaben des Innenministers war der Mann mit einer Pistole und einem Schnellfeuergewehr bewaffnet.

Laut Staatsanwaltschaft hatte der Geiselnehmer zudem angegeben, einen weiteren Sprengsatz in der 200.00-Einwohner-Stadt Luzk deponiert zu haben, den er jederzeit per Fernbedienung auslösen könne. Ob dieser Sprengsatz tatsächlich existierte, blieb nach Ende des Geiseldramas zunächst weiter unklar.

Bilder der örtlichen Medien zeigten während des Dramas den Bus mit zwei beschädigten Scheiben und zugezogenen Vorhängen. Nach Polizei-Angaben nahm der Täter von sich aus Kontakt zu den Sicherheitskräften auf und stellte sich als Maksym Plochoi vor - dies bedeutet "Böser Maksym". Die Polizei identifizierte den Täter als Maksym Krywosch, einen 44-Jährigen aus dem russischen Orenburg.

Krywosch hatte den Angaben zufolge wegen verschiedener Delikte rund zehn Jahre im Gefängnis gesessen, darunter Beteiligung an "Banditenwesen", Betrug und illegales Festhalten von Menschen. Der Mann war demnach wegen psychischer Erkrankungen in Behandlung. In Botschaften in den Onlinenetzwerken erklärte der Mann, gegen das "System" zu sein. Twitter löschte ein Nutzerkonto des Mannes.

In der Ukraine sind illegale Waffen weit verbreitet. Durch den seit sechs Jahren anhaltenden Ostukraine-Konflikt zwischen Kiew und pro-russischen Separatisten hat sich das Problem noch verschärft. Im Jahr 2017 hatte ein bewaffneter Mann elf Menschen in einem Postamt der im Osten gelegenen Stadt Charkiw festgehalten, bis diese von der Polizei gewaltsam befreit wurden.

by Von Andriy PERUN