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Gedenkmärsche für von Polizisten erschossenen 17-jährigen Nahel in Frankreich

In mehreren Städten Frankreichs sind hunderte Menschen zum Gedenken an den von einem Polizisten erschossenen 17-jährigen Nahel sowie aus Protest gegen Polizeigewalt auf die Straße gegangen. In Straßburg demonstrierten nach Angaben eines AFP-Reporters rund 400 Menschen, weitere Kundgebungen waren in rund 30 Gemeinden geplant, darunter in Nantes und Marseille. In Paris beteiligten sich trotz eines Verbots rund 2000 Menschen an einer Kundgebung zum Gedenken an einen 2016 in Polizeigewahrsam gestorbenen jungen Schwarzen.

Wie schon seit Jahren war der Marsch zum Gedenken an den vor sieben Jahren nach einer Verfolgungsjagd mit der Polizei umgekommenen 24-jährigen Adama Traoré im Umland von Paris vorgesehen. Diesmal wurde er jedoch von einem Gericht mit dem Argument abgesagt, dass die Gefahr von Unruhen zu groß sei.

Traorés ältere Schwester Assa kritisierte die Haltung der französischen Behörden scharf. "Wir marschieren für die Jugend, um die Polizeigewalt anzuprangern. Sie wollen unsere Toten vertuschen", sagte sie auf einer ebenfalls nicht genehmigten Kundgebung im Zentrum von Paris. 

"Sie erlauben Aufmärsche von Neonazis, aber sie erlauben uns nicht zu marschieren", fügte sie hinzu in Anspielung auf eine Kundgebung von hunderten Rechtsradikalen im vergangenen Mai in der französischen Hauptstadt, die von den Behörden genehmigt worden war. 

"Frankreich hat uns keine Lektionen in Moral zu erteilen", sagte Assa Traoré weiter, die sich inzwischen zu einer prominenten Kämpferin gegen Polizeigewalt entwickelt hat. "Seine Polizei ist rassistisch und gewalttätig". 

An der Kundgebung in Paris beteiligten sich auch mehrere Abgeordnete der linkspopulistischen Partei France Insoumise (LFI), darunter Fraktionschefin Mathilde Panot. Das Treffen endete friedlich am Nachmittag. 

Die Polizei teilte später jedoch mit, dass gegen Assa Traoré wegen der Organisation der nicht genehmigten Veranstaltung ein Verfahren eingeleitet worden sei. Einer ihrer Brüder wurde demnach wegen Verdachts auf Gewalt gegen eine Person des öffentlichen Lebens festgenommen. Details nannte die Polizei zunächst nicht.

Zu den "Bürgermärschen" gegen Polizeigewalt hatten knapp hundert linksgerichtete Organisationen, Gewerkschaften und Parteien aufgerufen. Beobachter fürchten, dass es bei den Demonstrationen erneut zu Gewalt kommen könnte. 

Nach dem Tod Nahels bei einer Verkehrskontrolle am 27. Juni in Nanterre bei Paris hatten massive Ausschreitungen mehrere Nächte Frankreich erschüttert. Inzwischen hat sich die Lage wieder beruhigt, bleibt aber angespannt. Der für den Schuss verantwortliche Polizist sitzt in Untersuchungshaft, die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Totschlags gegen ihn.

Ein UN-Ausschuss hatte Frankreich am Freitag aufgefordert, gegen Rassismus bei den Sicherheitskräften vorzugehen. Das aus 18 unabhängigen Experten bestehende UN-Komitee zur Beseitigung von Rassismus (Cerd) zeigte sich zutiefst besorgt über "die anhaltende Praxis des racial profiling in Verbindung mit exzessiver Gewaltanwendung bei der Strafverfolgung, insbesondere durch die Polizei, gegen Angehörige von Minderheitengruppen, insbesondere Menschen afrikanischer und arabischer Herkunft".

Um Abhilfe zu schaffen, fordert das Komitee ein Verbot rassistischer Kontrollen. Die französische Regierung wies die Kritik als "unbegründet" zurück. Jegliches "racial profiling" durch die Polizei sei "in Frankreich verboten", erklärte das Außenministerium in Paris. Der Kampf gegen übermäßige und auf Rassismus basierende Polizeikontrollen sei längst "verstärkt" worden.

ans/lan