Die Finanzminister der sieben führenden Industrienationen (G7) haben den Weg für einen globalen Mindeststeuersatz für Unternehmen geebnet. In der am Samstag veröffentlichen Abschlusserklärung ihres zweitägigen Treffens in London verpflichten sich die Minister auf das Ziel einer globalen Unternehmenssteuer von mindestens 15 Prozent. Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) und seine Kollegen sprachen von einer “historischen” Einigung. Das Vorhaben soll im Juli im Kreis der G20-Finanzminister weiter vorangetrieben werden.
“Ich freue mich sehr, dass uns dieser Durchbruch in London gelungen ist”, erklärte Scholz. Dies sei eine gute Nachricht für die Steuergerechtigkeit und “eine schlechte Nachricht für Steueroasen in aller Welt”. Konzerne würden ihre Gewinne künftig nicht mehr in Niedrigsteuer-Länder verschieben können. Allerdings müsse nun alle “Kraft” darauf verwendet werden, “diese wirklich weitreichende Verständigung endgültig zu einem internationalen Vertrag weiterzuentwickeln”.
US-Finanzministerin Janet Yellen sprach von einem “beispiellosen” Schritt. Er werde den “Unterbietungswettbewerb bei der Unternehmensbesteuerung beenden”.
Der gemeinsamen Erklärung zufolge hoffen die Finanzminister nun, beim Treffen mit den G20-Kollegen im Juli eine entsprechende Vereinbarung auch im erweiterten Kreis der Industrie- und Schwellenländer zu erzielen. Diese “Steuerrevolution” soll laut Scholz in den kommenden Wochen bei Treffen mit der OECD vorbereitet werden.
Über eine Mindestbesteuerung von Unternehmen wird seit Jahren auf internationaler Ebene gerungen. Hintergrund sind Steuervermeidungsstrategien großer Konzerne, die vielfach Gewinne rechnerisch in Länder mit niedrigen Steuersätzen verschieben. Besonders im Fokus stehen große Technologieunternehmen. Der Kompromiss der sieben Länder werde das globale Steuersystem “fit für das digitale Zeitalter” machen, sagte Großbritanniens Finanzminister Rishi Sunak in einer im Fernsehen übertragenen Ansprache.
Die Abschlusserklärung des Treffens in London nennt auch die Verpflichtung zu einer besseren Verteilung der Rechte zur Besteuerung der Gewinne großer multinationaler Unternehmen. Diese zweite Säule der von der OECD vorgeschlagenen Reform zielt vor allem auf die mehrheitlich aus den USA stammenden Digitalkonzerne wie Google, Facebook und Amazon ab. Facebook stellte sich in einer Erklärung trotzdem hinter die Vereinigung.
An Fahrt aufgenommen hat die Debatte, seit US-Präsident Joe Biden sich für einen Mindestsatz von 15 Prozent für international agierende Unternehmen aussprach. Zuvor hatte seine Finanzministerin Yellen sogar 21 Prozent als Mindestsatz ins Spiel gebracht.
Die nun vereinbarten 15 Prozent sind unter anderem auf Druck aus Frankreich ausdrücklich als Mindestwert deklariert. Frankreichs Finanzminister Bruno Le Maire kündigte an, sein Land werde in den kommenden Monaten “dafür kämpfen, dass dieser Mindeststeuersatz so hoch wie möglich wird.”
“Es bleibt noch viel Arbeit zu tun”, erklärte auch OECD-Generalsekretär Mathias Cormann. Eine endgültige Vereinbarung müsse tatsächlich sicherstellen, “dass multinationale Unternehmen überall ihren fairen Anteil zahlen.”
Zuvor hatten bereits die Corona-Pandemie und die daraus resultierenden Löcher in den Staatshaushalten das Thema Steuergerechtigkeit hochkochen lassen. Vor der Krise seien die Steuerpraktiken der Großkonzerne kritisiert worden, jetzt “sind sie unmöglich zu akzeptieren”, hieß es aus Diplomatenkreisen.
In ihrer Abschlusserklärung sagen die G7-Minister auch zu, Unternehmen künftig zu einer Offenlegung der Auswirkungen ihrer Investitionen auf das Klima zu verpflichten. Sie versprachen darüber hinaus weitere Unterstützung für “die ärmsten und gefährdetsten Staaten” bei der Bewältigung der Herausforderungen durch die Corona-Pandemie.
Neben Deutschland gehören zu den G7-Staaten Frankreich, Italien, die USA, Großbritannien, Kanada und Japan. Das Treffen der Finanzminister fand im Vorfeld des G7-Gipfels statt, zu dem dann die Staats- und Regierungschefs ab kommendem Freitag im englischen Cornwall erwartet werden, darunter auch US-Präsident Biden.
by Von Anna MALPAS und Ben PERRY