Vor dem Hintergrund der lauter werdenden Forderungen nach Kampfpausen im Gazastreifen beraten die G7-Außenminister bei einem zweitägigen Treffen in Tokio über eine gemeinsame Linie im Krieg zwischen Israel und der radikalislamischen Hamas. Bei ihrer Ankunft in Japan sagte Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) am Dienstag, sie werbe angesichts des Leids der Zivilbevölkerung in dem Palästinensergebiet "intensiv für humanitäre Feuerpausen".
In den vergangenen Tagen habe sie mit unterschiedlichen Partnern erörtert, wie diese Pausen "zeitlich und geografisch" auf den Weg gebracht werden könnten, sagte Baerbock. Zugleich betonte die Ministerin die Unterstützung der G7-Länder für das Selbstverteidigungsrecht Israels. Das Land habe das Recht und die Pflicht "im Rahmen des internationalen Völkerrechts" seine Bevölkerung zu schützen.
US-Außenminister Antony Blinken wollte laut Angaben eines hochrangigen Vertreters seines Ministeriums die G7-Außenminister bei dem Treffen über die Ergebnisse seiner jüngsten Nahost-Reise sowie die "Fortschritte bei der Bereitstellung humanitärer Hilfe für die Zivilbevölkerung im Gazastreifen und die Bemühungen zur Eindämmung des Konflikts" informieren.
Im Rahmen seiner Vermittlungsbemühungen in Nahost hatte Blinken in den vergangenen Tagen unter anderem den israelischen Regierungschef Benjamin Netanjahu und Palästinenserpräsident Mahmud Abbas getroffen und auch Zypern, den Irak und die Türkei besucht.
Zuletzt hatte US-Präsident Joe Biden in einem Telefonat mit Netanjahu über die Möglichkeit von "taktischen Pausen" bei den Kämpfen im Gazastreifen gesprochen - eine Option, die Netanjahu jedoch ausschlug.
Eine generelle Waffenruhe schließen die USA und Israel ohnehin aus, da diese es nach ihrer Ansicht der dort herrschenden Hamas ermöglichen würde, sich neu zu organisieren. Auch die Bundesregierung lehnt dies ab. Als einziges Mitglied der G7 stimmte Frankreich für eine Resolution der UN-Generalversammlung, in der ein "sofortige humanitäre Waffenruhe" gefordert wurde.
Frankreichs Außenministerin Catherine Colonna erklärte vor den Beratungen der G7-Minister, bei dem Treffen werde die Notwendigkeit erörtert, "auf die Bedürfnisse der Zivilbevölkerung im Gazastreifen zu reagieren und das humanitäre Völkerrecht zu respektieren".
Nach Einschätzung der Forscherin Valérie Niquet von der französischen Stiftung für Strategische Forschung (FRS) wäre ein gemeinsamer Aufruf der G7 zu einer humanitären Feuerpause lediglich "unverbindlich und allgemein formuliert".
Hunderte Kämpfer der im Gazastreifen herrschenden radikalislamischen Hamas hatten am 7. Oktober Israel angegriffen und in einer Reihe von Ortschaften und bei einem Musikfestival Gräueltaten vor allem an Zivilisten verübt, darunter viele Frauen und Kinder. Nach israelischen Angaben wurden etwa 1400 Menschen getötet, mehr als 240 weitere wurden als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt.
Als Reaktion auf dem Hamas-Angriff startete Israel Luftangriffe auf Ziele im dicht besiedelten Gazastreifen. Nach unabhängig nicht überprüfbaren Angaben der von der Hamas geleiteten Gesundheitsbehörde im Gazastreifen wurden dabei seither mehr als 10.000 Menschen getötet, etwa zwei Drittel davon Frauen und Kinder.
Ein zweites zentrales Thema des Treffens der G7-Außenminister wird der Krieg in der Ukraine sein. Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba wird per Video an den Beratungen teilnehmen. Im Hinblick darauf kündigte Baerbock Vorbereitungen für einen "Winter-Schutzschirm" für die Ukraine an.
Weitere Themen der Beratungen, an denen auch der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell teilnehmen wird, sind die Spannungen zwischen Armenien und Aserbaidschan sowie die Lage im Indopazifik. Insbesondere Chinas militärische Drohgebärden gegenüber Taiwan sorgen bei den westlichen Verbündeten für Besorgnis. Zu den G7-Staaten gehören Deutschland, Frankreich, Italien, Japan, Kanada, die USA und Großbritannien.
lt/cp