Unbeugsam und siegesbewusst auch in der Haft: In einer aus ihrer Zelle geschmuggelten Botschaft ist die iranische Friedensnobelpreisträgerin Narges Mohammadi mit den Machthabern im Iran hart ins Gericht gegangen. Darin wirft sie den Mullahs in Teheran vor, das Land seit 45 Jahren "mit Lügen, Täuschung, List und Einschüchterung" zu beherrschen, die Gesellschaft in die Armut zu stürzen sowie weltweit "Frieden und Stabilität" zu gefährden.
Wie es gelang, die Botschaft aus dem berüchtigten Evin-Gefängnis in der iranischen Hauptstadt Teheran zu schmuggeln, blieb offen. Sie wurde von Mohammadis 17-jähriger Tochter Kiana Rahmani auf Französisch verlesen und am Dienstagabend auf der offiziellen Nobel-Website veröffentlicht.
Erneut kritisierte die 51-jährige Frauenrechtlerin den Kopftuchzwang in ihrem Land, der von den Behörden mit zunehmender Brutalität durchgesetzt wird. Die Verpflichtung für Frauen, den Hidschab zu tragen, sei ein Mittel zur "Kontrolle und Unterdrückung der Gesellschaft", von der das Überleben "einer autoritären, religiösen Regierung" abhänge, schrieb sie.
"Wir, das iranische Volk, streben nach Demokratie, Freiheit, Menschenrechten und Gleichheit", erklärte Mohammadi weiter. Die Islamische Republik aber stehe der Verwirklichung dieser Forderungen im Weg. Ziel der Frauenproteste sei es deshalb, "diese autoritär-religiöse Regierung mit Hilfe von Solidarität und eines gewaltlosen und unaufhaltsamen Prozesses" abzulösen und die "Ehre des Iran sowie die Menschenwürde" wiederzubeleben. Mohammadis Botschaft schloss mit: "Der Sieg ist nicht einfach, aber er ist sicher."
Die 51-Jährige spielt eine zentrale Rolle im Kampf für Frauenrechte und Meinungsfreiheit in ihrem Land. Sie setzt sich gegen den Kopftuchzwang sowie gegen die Todesstrafe im Iran ein. Dafür wurde sie seit 1998 wiederholt inhaftiert und auch ausgepeitscht. Seit November 2021 sitzt sie wegen "Propaganda gegen den Staat" in Haft.
Für ihren Einsatz wurde Mohammadi Anfang Oktober mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet. Den Preis werden in ihrer Vertretung ihre mit der Familie nach Frankreich geflüchtete Tochter Kiana und deren Zwillingsbruder Ali am 10. Dezember in Oslo entgegennehmen, wie das Nobelinstitut am Mittwoch mitteilte.
ans/jes