Der russische Präsident Wladimir Putin hat überraschend erklärt, dass Russland möglicherweise bald auf den Einsatz von Atomwaffen verzichten könne. Diese Aussage steht im Kontrast zu den bisherigen Drohungen des Kremls gegenüber der Ukraine und dem Westen. Was steckt hinter Putins Sinneswandel? Hier mehr:
Als Begründung nannte Putin die ballistische Mittelstreckenrakete Oreschnik, die kürzlich erstmals gegen die Ukraine eingesetzt wurde. Seiner Ansicht nach könnte eine ausreichende Anzahl dieser Raketen den Einsatz von Nuklearwaffen überflüssig machen. "Eine ausreichende Menge dieser modernen Waffensysteme führt praktisch dazu, dass die Notwendigkeit des Einsatzes von Atomwaffen nahezu entfällt“, sagte Putin in Moskau. Diese Bemerkungen kommen zu einem brisanten Zeitpunkt: Nur wenige Tage nach dem Sturz seines Verbündeten Baschar al-Assad in Syrien und kurz vor der Amtseinführung von Donald Trump als US-Präsident am 20. Januar. Jetzt will Putin massiv diese Raketen produzieren, hier mehr:
Putin betonte zudem, dass die Serienproduktion der Raketen bereits organisiert sei und die Armee über einen Vorrat verfüge. Ursprünglich hatte Moskau erklärt, die Oreschnik-Raketen seien als Reaktion auf den Einsatz westlicher Raketen durch die Ukraine entwickelt worden. Später stellte sich heraus, dass dies nicht der Wahrheit entsprach und der Einsatz lange im Voraus geplant war.
Die neuen Äußerungen wirken besonders überraschend, da Russland seine Atom-Doktrin erst vor Kurzem verschärft hat. Diese erlaubt den Einsatz von Nuklearwaffen, wenn ein nicht-nuklearer Staat – wie die Ukraine – mit Unterstützung eines nuklearen Staates (z. B. der USA) Angriffe auf Russland durchführt. Moskau betrachtet die ukrainischen Gegenoffensiven als Aggression, während der eigene Angriff auf die Ukraine im Februar 2022 als legitime Verteidigungsmaßnahme dargestellt wird – eine Darstellung, die international als Propaganda verurteilt wird.
In Deutschland ist Putins Atompolitik ein politisches Thema. Bundeskanzler Olaf Scholz warnte in einer Rede vor den gesunkenen Hürden für den Einsatz von Atomwaffen und betonte, dass niemand abschätzen könne, wie weit Putin gehen würde. Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz kritisierte Scholz im BILD-Interview scharf. Er warf dem Kanzler vor, durch die Betonung der atomaren Bedrohung unnötig Angst zu schüren. "Gerade der Bundeskanzler verbreitet seit zwei Jahren mit diesem Szenario Angst“, so Merz.