Für den Oscar als Bester internationaler Film war das Drama "Aus dem Nichts" (2017) überraschend nicht nominiert worden, unzählige andere Filmpreise konnten der Hamburger Regisseur Fatih Akin (47, "Gegen die Wand") und seine Hauptdarstellerin Diane Kruger (44, "Inglourious Basterds") dafür aber einheimsen. Am heutigen Montag (28.9., 22:30 Uhr, ZDF) wird der Film erstmals im Free-TV ausgestrahlt.
Hamburg. Noch während er die Reste seiner Gefängnisstrafe wegen Drogenbesitzes verbüßt, heiratet Katja (Diane Kruger) den türkischstämmigen Kurden Nuri Sekerci (Numan Acar). Als dieser aus dem Gefängnis entlassen wird, eröffnet er in der Hamburger Innenstadt ein Steuer-, Reise- und Übersetzungsbüro. Kurze Zeit später wird ihr Sohn Rocco (Rafael Santana) geboren.
An einem Morgen im Oktober bringt Katja den mittlerweile sechsjährigen Rocco zu ihrem Mann ins Büro. Sie möchte sein Auto leihen und eine Freundin treffen. Noch während sie sich in der Nähe von Nuris Büro aufhält, fällt ihr eine blonde Frau auf, die ein neues Fahrrad unabgeschlossen am Straßenrand stehen lässt. Kurze Zeit später kommt es zu einer Explosion. Katja verliert alles, was ihr im Leben wichtig war - Mann und Kind sind tot, eine Reihe anderer Menschen wurden schwer verletzt. Katja verfällt in eine tiefe Depression.
Die Ermittlungen der Polizei führen zu André (Ulrich Friedrich Brandhoff) und Edda Möller (Hanna Hilsdorf), einem jungen Paar mit Verbindungen in die rechte Szene. Es kommt zum Prozess. Katja tritt als Nebenklägerin auf und wird von ihrem Anwalt Danilo Fava (Denis Moschitto) vertreten. Obwohl die Spurensicherung Bestandteile der Bombe in einer Garage festgestellt hat, die Andrés Vater (Ulrich Tukur) gehört, und der gegen den Sohn aussagt, gelingt es Möllers Anwalt, Haberbeck (Johannes Krisch), Zweifel an der Schuld des Neonazi-Pärchens zu säen. Die Möllers werden mit dem Hinweis "im Zweifel für den Angeklagten" freigesprochen.
Katja ist verzweifelt. Sie folgt dem Paar nach Griechenland, wo die beiden an einem Strand einen Campingwagen bewohnen...
Der Anschlag im Film ähnelt dem realen Nagelbombenanschlag der neonazistischen terroristischen Vereinigung NSU am 9. Juni 2004 in der Keupstraße in Köln. Zur Recherche für seinen Film kam der Regisseur mehrmals nach München, um dem Verfahren gegen die Rechtsextremistin und einzige Überlebende des NSU-Trios, Beate Zschäpe (45), beizuwohnen. "Der Skandal bestand nicht darin, dass deutsche Neonazis zehn Menschen getötet hatten. Der eigentliche Skandal bestand darin, dass die Täter Türken oder Kurden sein mussten, dass irgendeine Mafia dahintersteckte", wird Akin dazu vom Sender zitiert.
Die Perspektive der Mörder interessierte ihn für seinen Film allerdings nicht. Ihm ging es um die trauernde Hinterbliebene. "Es gibt die staatliche Justiz, und es gibt ein individuelles Gerechtigkeitsgefühl. Und manchmal stoßen die beiden aufeinander. Der Film handelt auch von diesem Clash", so Akin in einem ZDF-Interview zum inneren Konflikt seiner Protagonistin im Film.
Die Liste der Auszeichnungen, mit denen der Film und seine Macher überhäuft wurden, ist lang. "Aus dem Nichts" räumte bei den Deutschen und Bayerischen Filmpreisen sowie bei vielen internationalen Festivals ab. Bei den Golden Globe Awards 2018 setzte sich der Streifen in der Kategorie Bester fremdsprachiger Film gegen "Der weite Weg der Hoffnung" (2017) von Angeline Jolie (45) durch. Hauptdarstellerin Diane Kruger erhielt beim Filmfestival in Cannes 2017 die Goldene Palme als Beste Darstellerin.