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Französische Soldaten sollen in Zivil rabiat gegen Aufständische vorgegangen sein

Die Marine in Frankreich prüft Berichte, wonach eine Gruppe maskierter Soldaten in Zivil bei den jüngsten Unruhen in Frankreich auf eigene Initiative rabiat gegen Aufständische vorgegangen sein soll. Nach Berichten lokaler Medien über die "Gegen-Randalierer" im westfranzösischen Ort Lorient leitete die dort stationierte Marine-Einheit interne Ermittlungen ein. "Die Untersuchung läuft, bis Ergebnisse vorliegen gibt es keinen Kommentar", erklärte das Verteidigungsministerium am Mittwochabend. 

Ein 25 Jahre alter Soldat hatte ohne Namensnennung berichtet, dass er in der Nacht zum vergangenen Samstag mit etwa 30 anderen jungen Männern, überwiegend Soldaten, bei den Unruhen eingegriffen habe, "damit das Land nicht in Flammen aufgeht". "Die Polizei war überfordert", sagte er der Zeitung "Ouest-France". Manche Polizisten hätten sich bei der Gruppe bedankt. 

Er verteidigte den Einsatz mit dem Hinweis auf die Bürgerpflicht, jemanden vorläufig festzunehmen, der auf frischer Tat ertappt wird. Zugleich gab er zu, dass dabei möglicherweise zu viel Gewalt im Spiel gewesen sei. 

Den Medienberichten zufolge nahmen die "Gegen-Randalierer" vier Menschen fest, die sie mit Plastikfesseln den Sicherheitskräften übergeben haben sollen. "Wir sind stolz auf das, was wir geleistet haben und würden es wieder tun", sagte der Soldat. 

Die Marineeinheit in Lorient erklärte zunächst, dass einige ihrer Soldaten möglicherweise an einer Gruppe beteiligt gewesen seien, "die Bürger und Objekte vor Randalierern geschützt hat". Die Befehlshaber seien darüber nicht informiert gewesen. 

Der Bürgermeister des Ortes, in dem 4000 Marinesoldaten stationiert sind, wies die Berichte über die "Gegen-Randalierer" zurück. Es seien zwar maskierte Menschen unterwegs gewesen, aber das seien vermutlich die Randalierer gewesen, sagte Fabrice Loher. "Die vier Festgenommenen wurden alle von der nationalen oder kommunalen Polizei festgenommen", betonte er. 

Die Staatsanwaltschaft nahm zunächst keine Ermittlungen auf. "Wir haben weder konkrete Elemente noch gibt es eine Klage dazu", teilte sie mit.

Die Kommunistische Partei prangerte das mutmaßliche Eingreifen der Soldaten an. "Wie verurteilen die Beteiligung französischer Soldaten an diesen Milizen", hieß es in einer Mitteilung. "Die Methoden der selbst ernannten Personen sind inakzeptabel, (...) vor allem die Plastikfesseln und das Prügeln." 

In der vergangenen Woche waren bei den gewaltsamen Protesten in ganz Frankreich mehr als 3500 Menschen festgenommen worden. Auslöser war der Tod eines 17-Jährigen, der bei einer Kontrolle in einem Pariser Vorort von einem Polizisten erschossen worden war. 

kol/ju