Die französische Außenministerin Catherine Colonna hat Spekulationen über diplomatische Spannungen mit Blick auf die Erdbebenhilfe für Marokko zurückgewiesen. "Marokko hat keine Hilfsangebote ausgeschlagen", sagte Colonna am Montag dem Sender BFM. "Das Land kann nur allein bestimmen, welche Hilfe und in welchem Zeitraum es sie braucht", fügte sie hinzu. Frankreich vertraue Marokko, "die Hilfe so zu organisieren, wie es am besten ist".
Nach dem verheerenden Erdbeben mit mehr als 2100 Toten hat Marokko zunächst nur Such- und Rettungsteams aus Spanien, Großbritannien, Katar und den Vereinigten Arabischen Emiraten ins Land gelassen. Viele andere Staaten, darunter Deutschland, Frankreich und die USA, hatten Marokko bislang vergeblich ihre Hilfe angeboten.
Nach Informationen der Zeitung "Le Monde" befand sich der marokkanische König Mohammed VI. zum Zeitpunkt des Erdbebens in Frankreich. Er besitze in Paris eine Luxusvilla am Fuß des Eiffelturms.
"Wir stehen der marokkanischen Regierung weiter zur Verfügung", sagte Colonna und kündigte eine Finanzhilfe in Höhe von fünf Millionen Euro an. Frankreich und Marokko stünden auf allen Ebenen in Kontakt. "Lassen wir die Spannungen mal beiseite. Menschen leiden und brauchen Hilfe", sagte Colonna.
Die Beziehungen zwischen Frankreich und Marokko waren zuletzt angespannt, seit Frankreich engeren Kontakt zu Algerien sucht. Marokko hat seit Monaten keinen Botschafter mehr in Paris.
In Frankreich leben sehr viele Menschen mit marokkanischen Wurzeln. Sämtliche französische Telefonanbieter bieten derzeit kostenlose Anrufe und SMS-Nachrichten nach Marokko an.
Das marokkanische Innenministerium hatte sich am Sonntag bei allen Ländern bedankt, die ihre Hilfe angeboten hatten, dabei aber betont, dass es zunächst den "Bedarf vor Ort" bewerten und eine "gute Koordination" sicherstellen wolle. Marokko werde auf weitere Hilfsangebote zurückkommen, "wenn sich der Bedarf ändern sollte", fügte das Innenministerium hinzu.
Das schwere Erdbeben hatte das nordafrikanische Land in der Nacht zum Samstag erschüttert. Das Epizentrum lag rund 70 Kilometer südwestlich von Marrakesch in der Provinz Al-Haouz. Luftaufnahmen zeigten dem Erdboden gleichgemachte Dörfer in den umliegenden Bergen. Nach Angaben des marokkanischen Innenministeriums wurden bis Sonntagabend mehr als 2100 Tote und mindestens 2400 Verletzte registriert. Helfer suchten in den Trümmern eingestürzter Häuser fieberhaft nach Überlebenden, teilweise mit bloßen Händen.
Spanien entsandte nach einem offiziellen Hilfeersuchen aus Rabat mittlerweile zwei Flugzeuge mit 86 Rettungshelfern und Spürhunden nach Marokko. Das Technische Hilfswerk (THW) hatte bereits am Samstagabend Rettungskräfte am Flughafen Köln-Bonn mobilisiert. Da aber kein internationales Hilfeersuchen aus Marokko eingegangen sei, seien sie wieder an ihre Standorte zurückgekehrt, teilte das THW mit. Nun werde die Lieferung von Hilfsgütern geprüft.
kol/ans