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Fotos belegen Gegenwart von russischem Militärschiff vor Nord-Stream-Explosionen

Kurz vor den Anschlägen auf die Pipelines Nord Stream 1 und 2 im vergangenen Jahr hat sich ein auf Untersee-Einsätze spezialisiertes russisches Militärschiff in der Nähe der späteren Explosionsorte aufgehalten. Der schwedische Staatsanwalt Mats Ljungqvist bestätigte der Nachrichtenagentur AFP am Freitag einen entsprechenden Bericht der dänischen Zeitung "Information".

Der Zeitung zufolge bestätigte die dänische Armee, dass sie über 26 Fotos verfügt, die das mit einem Mini-U-Boot samt Greifarmen ausgestattete russische Schiff "SS-750" vier Tage vor den Pipeline-Explosionen Ende September in der Ostsee zeigen. Ein dänisches Patrouillenboot machte die Aufnahmen demnach am 22. September östlich der Insel Bornholm.

Der in Schweden mit der Untersuchung zu den Explosionen betraute Staatsanwalt Ljungqvist sagte AFP, ihm seien die Informationen bekannt. Welche Bedeutung die Aufnahmen für die Ermittlungen haben, könne er nicht kommentieren. 

Im März hatte die schwedische Staatsanwaltschaft erklärt, die Verantwortung für die Anschläge sei weiter unklar. Sie gehe aber davon aus, "dass ein Staat dahintersteckt". 

Bereits Ende März hatte es in einem Bericht geheißen, wenige Tage vor den Anschlägen seien russische Militärschiffe mutmaßlich in der Nähe des Explosionsorts aktiv gewesen. Der Schiffsverband verfügte über die notwendige Ausrüstung, um Sprengsätze anzubringen, wie das Nachrichtenportal t-online damals berichtete.

Satellitenbilder belegten demnach, dass in der Nacht zum 21. September mindestens drei verdächtige Schiffe Russlands Flottenstützpunkt in Kaliningrad  verließen: die "SS-750" sowie die Schlepper "SB-123" und "Alexander Frolow", die mit Lastkränen ausgestattet seien. Drei weitere Schiffe der russischen Marine könnten den Einsatz begleitet und militärisch abgeschirmt haben. 

Laut Geheimdienstexperten ist ein auf Unterwassereinsätzen spezialisiertes Schiff wie die "SS-750" technisch in der Lage, Sabotageakte wie die an den Pipelines auszuführen. Der dänische Geheimdienstexperte Jacob Kaarsbo sagte "Information", die Anwesenheit der "SS-750" nahe den Explosionsorten gebe Hinweise darauf, "was in den Tagen zuvor in der Region passiert ist". Die Bestätigung sei nun von besonderem Interesse, "weil wir wissen, dass ein solches Schiff in der Lage ist, einen solche Einsatz durchzuführen".

Der dänische Open-Source-Datenexperte Oliver Alexander sagte am Freitag dem Norddeutschen Rundfunk (NDR), die Fotos seien sei "der erste echte Beweis, dass sich in den Tagen vor den Anschlägen ein russisches Spezialschiff am Ort der späteren Explosionen aufhielt".

Hinsichtlich deren weiterer Aufklärung dämpfte der dänische Geheimdienstexperte Thomas Wegener Friis von der Universität Odense allerdings die Erwartungen. "Man sollte nicht auf Schnelligkeit in dieser Frage hoffen", sagte der Historiker dem NDR. "Wir haben es hier mit internationaler Politik zu tun. Egal, wie die Schlussfolgerungen ausfallen - es gibt hier kaum noch Gewinner."

Am 26. September hatten Explosionen die deutsch-russischen Gaspipelines am Grund der Ostsee beschädigt. Die insgesamt vier Explosionen rissen in den Wirtschaftszonen Schwedens und Dänemarks Lecks in die Nord-Stream-Pipelines, die für den Transport von russischem Gas nach Deutschland gebaut worden waren. Die Pipelines waren zum Zeitpunkt der Explosionen nicht in Betrieb, enthielten aber Gas. Nach Angaben Schwedens steckt Sabotage hinter dem Vorfall. Demnach wurden Sprengstoffreste nachgewiesen. 

Wer für den Sabotage-Akt verantwortlich ist, ist weiterhin nicht geklärt. In Deutschland, Dänemark und Schweden laufen Ermittlungen zu den Anschlägen. 

Zuletzt hatte es laut einem Bericht der "New York Times" Hinweise darauf gegeben, dass eine pro-ukrainische Gruppierung von einem Boot aus Sprengsätze an den Pipelines befestigt und diese zur Explosion gebracht haben könnte. Medienberichten zufolge war das Boot von einer Firma mit Sitz in Polen angemietet worden, die sich im Besitz von zwei Ukrainern befindet. In dem Boot seien später Sprengstoffspuren gefunden worden.

kas/gt