Gentechnik in Lebensmitteln stößt bei vielen Bundesbürgern auf große Skepsis – Forscher haben jetzt eine neue Nachweismethode vorgestellt, die den Schutz der Verbraucher erhöhen soll. Die Behörden hätten damit nun die Möglichkeit, “nicht zugelassene gentechnisch veränderte Pflanzen auch tatsächlich als solche zu identifizieren”, erklärte Alexander Hissting, Geschäftsführer des Verbandes Lebensmittel ohne Gentechnik (VLOG), am Montag.
Dies erlaube es Herstellern und Vermarktern “auf allen Ebenen” – von Imkern über Landwirte und Züchter bis hin zur Futter- und Lebensmittelwirtschaft – “ihre Lieferketten von diesen neuartigen gentechnischen Organismen freizuhalten”, hob Hissting hervor. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte im Juli 2018 klargestellt, dass auch Produkte aus den Verfahren der neuen Gentechnik unter die Bestimmungen des EU-Gentechnikrechts fallen.
Die Nachweismethode, die von Forschern rund um John Fagan vom Health Research Institute im US-Bundesstaat Iowa entwickelt wurde, kann laut der am Montag veröffentlichten Studie der Wissenschaftler genveränderten Herbizid-toleranten Raps nachweisen, der von der US-Firma Cibus entwickelt wurde und vor allem in Kanada und den USA angebaut wird. In der EU ist er nicht zugelassen.
Mit der Testmethode könnten Genveränderungen festgestellt werden, bei denen quasi nur ein einzelner Buchstabe im genetischen Bauplan ausgetauscht worden sei und deren Nachweis damit die wohl größte Herausforderung darstelle, erklärte Fagan. Es sei nun “wahrscheinlich”, dass der Ansatz auch zur Entwicklung von Nachweismethoden für “die meisten, wenn nicht alle, gen-editierten Getreide” verwendet werden könne.
Vorgestellt wurde die Methode am Montag von Nichtregierungsorganisationen und “Ohne Gentechnik”-Kennzeichnungsverbänden aus Europa, Neuseeland und den USA. Auch die österreichische Einzelhandelskette Spar gehört dazu. Bislang gab es für EU-Länder keine Methode, um landwirtschaftliche Importe auf das Vorhandensein dieser gentechnisch veränderten Rapssorte zu prüfen.
Das neue Nachweisverfahren belege, dass auch Produkte der sogenannten neuen Gentechnik – dazu zählt beispielsweise die Genschere CRISPR/Cas – “durchaus identifiziert und von ähnlichen, nicht gentechnisch veränderten Produkten unterschieden werden können”, teilten die Verbände mit. Dies widerlege “klar die Behauptungen der Gentechnik-Industrie und mancher europäischer Behörden”, dass mittels neuer Verfahren erzeugte Gentechnik-Organismen zumeist nicht nachweisbar seien und aus diesem Grund nicht reguliert werden könnten.
“Jetzt gibt es keine Ausreden mehr – bestehende Sicherheits- und Kennzeichnungspflichten müssen auch auf diese neuen Gentechnik-Produkte angewendet werden”, forderte die Greenpeace-Expertin für Ernährungspolitik, Franziska Achterberg. “Die Europäische Kommission und unsere Regierungen sollten nun auf diesen Erfolg aufbauen und Verfahren entwickeln, mit denen auch andere genomeditierte Produkte identifiziert werden können.”
Auch der Grünen-Agrarexperte Harald Ebner begrüßte das neue Verfahren, warf der Bundesregierung aber zugleich Versäumnisse vor. Es sei “ein Armutszeugnis” für Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) und die EU-Kommission, dass sie ihrerseits “dieses dringend benötigte Nachweisverfahren zwei Jahre nach dem EuGH-Urteil nicht zustande gebracht haben”, erklärte Ebner in Berlin.
Die Verbraucher in Deutschland stehen Gentechnik in Lebensmitteln mehrheitlich kritisch gegenüber: Der Mitte August von Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) vorgestellten Naturbewusstseinsstudie 2019 zufolge sprachen sich 81 Prozent für ein Verbot von gentechnisch veränderten Organismen in der Landwirtschaft aus.
by Ina FASSBENDER