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Forderungen nach Aufnahme von mehr Geflüchteten nach Großbrand in Moria

Seehofer sperrt sich weiter gegen Hilfsangebote von Ländern und Kommunen

Der Großbrand in dem griechischen Flüchtlingslager Moria auf Lesbos hat in Deutschland die Debatte um eine Aufnahme weiterer Geflüchteter wieder in Gang gebracht. Mehrere Bundesländer erklärten sich dazu am Mittwoch auch bereit, das von Horst Seehofer (CSU) geführte Bundesinnenministerium wies solche Vorstöße jedoch erneut zurück. Zu raschen humanitären Lösungen mahnten Kirchen und Verbände, aber auch Politiker von SPD, Grünen, FDP und Linkspartei.

"Wir sind bereit, bis zu tausend Flüchtlinge in Nordrhein-Westfalen aufzunehmen", erklärte NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) in Düsseldorf. "Es ist für mich unverständlich, wieso der Bund es den Städten, die sich dazu bereit erklärt haben, nicht möglich macht, schnelle und solidarische Hilfe zu leisten", erklärte Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller. "Wir haben diese Kapazitäten", erneuerte er das Angebot seines Bundeslands zur Aufnahme von Geflüchteten.

Auch Thüringens Integrationsminister Dirk Adams (Grüne) bekräftigte die Aufnahmebereitschaft seines Bundeslands, die jedoch von Seehofer "blockiert" werde. "Jetzt darf es kein weiteres Zögern geben", forderte Adams. Ein Sprecher des Innenressorts sagte dagegen in Berlin, Seehofer habe nicht die Absicht, Änderungen am bisherigen Prinzip der Flüchtlingsaufnahme vorzunehmen. Das Bundesinnenministerium muss Aufnahmeprogrammen der Länder zustimmen.

Allerdings gibt es in dieser Frage in der Koalition unterschiedliche Auffassungen. Die dramatische Zuspitzung der Lage müsse "jetzt Anlass sein, den Menschen – insbesondere den Kindern und Familien – endlich zu helfen und sie aus diesen unzumutbaren Zuständen zu befreien", erklärte Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD). Sie begrüßte ausdrücklich die Signale der Hilfsbereitschaft aus Ländern und Kommunen.

SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich nannte die abwehrende Haltung Seehofers "nicht mehr nachvollziehbar". Die Geflüchteten aus Moria müssten "in anderen europäischen Staaten in Sicherheit gebracht werden", verlangte SPD-Chefin Saskia Esken.

Seehofer bot dem griechischen Migrationsminister Notis Mitarakis in einem Telefonat Unterstützung mit Blick auf die durch das Feuer entstandenen Schäden an. Hier wolle die Bundesregierung Hilfe "zügig und unkompliziert bereitstellen", sagte ein Ministeriumssprecher.

Das Innenressort sowie Vize-Regierungssprecherin Martina Fietz pochten ansonsten auf eine europäische Verständigung in der Flüchtlingsfrage. "Wir brauchen eine solidarische europäische Lösung", sagte Fietz. Für ein "gemeinsames Aufnahmeprogramm möglichst vieler EU-Staaten" warb Außenamts-Staatsminister Michael Roth (SPD). "Europa schützen, heißt Menschenrechte verteidigen", sagte er der Nachrichtenagentur AFP.

"Deutschland muss handeln", verlangte Grünen-Chefin Annalena Baerbock. "Es gibt Kapazitäten, es gibt den Platz, es gibt eine überaus große Bereitschaft von Ländern und Kommunen in Deutschland, zu helfen", forderte sie die Aufnahme von Geflüchteten. "Bundesinnenminister Seehofer muss seine Blockadehaltung beenden", verlangte auch Linken-Chefin Katja Kipping in der "Welt". Seehofer dürfe die Aufnahme weiterer Geflüchteter "nicht länger pauschal ausschließen", erklärte die Vorsitzende des Bundestags-Menschenrechtsausschusses, Gyde Jensen (FDP).

Auf das wiederholte Drängen der Kirchen, Flüchtlinge aus Moria nach Deutschland ausreisen zu lassen, verwies der katholische Erzbischof Stefan Heße. Die Organisation Pro Asyl verlangte einen "konzertierten europäischen Rettungsplan" und die Aufnahme der Geflüchteten "in Deutschland und anderen europäischen Staaten".

by ANGELOS TZORTZINIS