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Finanzausschuss befragt Vertreter des Kanzleramts zu Wirecard-Skandal

Linken-Abgeordneter wettet auf Untersuchungsausschuss

Der Finanzausschuss des Bundestags ist am Montagmittag zu einer weiteren Sondersitzung zum Wirecard-Skandal zusammengekommen. Zunächst sollten dabei Vertreter des Bundeskanzleramts sowie Finanzaufsichtsbehörden und die Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) Rede und Antwort stehen. Die Augen bei der nichtöffentlichen Sitzung sind auch auf die Grünen gerichtet, die nach derzeitigem Stand die Einrichtung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses in der Hand haben.

Bislang haben die AfD, die Linke und die FDP ihre Unterstützung für einen Untersuchungsausschuss bekanntgegeben. Allerdings wollen Linke und FDP nicht mit der rechtspopulistischen AfD stimmen. Deshalb müssten die Grünen einwilligen, um die nötige Zahl an Abgeordneten für einen Untersuchungsausschuss zusammenzubekommen. Der FDP-Finanzexperte Toncar sagte vor der Sitzung: "Es kommt den Grünen eine besondere Verantwortung zu mit Blick auf die Kleinanleger und die Öffentlichkeit".

Die Grünen wollten der Bundesregierung nochmal die Möglichkeit geben, ihre Fragen zu beantworten. Der grüne Finanzexperte Danyal Bayaz warnte vor der Sitzung aber: Die Regierung "müsste uns heute schon überraschen, dass wir auch vollständig zufrieden hier wieder rausgehen werden". Nach aktuellem Stand sei "die Wahrscheinlichkeit für einen Untersuchungsausschuss hoch".

Der Linke-Abgeordnete Fabio di Masi zeigte sich schon vor der Sitzung überzeugt: "Wir bekommen nicht die Unterlagen, die wir brauchen." Er gab sich kampfeslustig: "Ich komme grad aus Italien, da war es sehr heiß, und ich werde auch dafür sorgen, dass es hier drinnen sehr heiß wird." Er habe "sogar eine Flasche Rotwein gewettet", dass die Grünen am Ende mit FDP und Linker ein Mandat für den Untersuchungsausschuss beschließen werden.

Der Unions-Abgeordnete Matthias Hauer (CDU) kritisierte die "Salamitaktik", mit der die schwarz-rote Regierung die Aufklärung ihrer Rolle bei dem Finanzskandal verzögere. Informationen würden immer erst kurz vor den Sitzungen bereitgestellt und: "In der Regel war es so, dass, wenn wir Fragen gestellt haben und Antworten geliefert wurden, wir hinterher mehr Fragen hatten als vorher".

Der Finanzexperte der SPD, Jens Zimmermann, sprach vor der Sitzung von einem "Mammutprogramm", das der Ausschuss zu bewältigen habe. Im Zentrum steht für ihn das Versagen der Aufsichtsbehörden. Besonders interessiert er sich auch für die Rolle des ehemaligen Wirtschaftsministers Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU), der sich bei Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) für Wirecard eingesetzt hatte. Sie warb kurz danach bei einem Staatsbesuch in China für das Unternehmen.

Die Obfrau der Grünen im Ausschuss, Lisa Paus, interessiert sich auch für die Verbindungen des Unternehmens zu ausländischen Geheimdiensten, wie sie sagte. Ex-Wirecard-Manager Jan Marsalek soll laut Bericht des "Handelsblatts" nach Moskau geflüchtet sein und dort unter dem Schutz russischer Geheimdienste stehen. Die Bundesregierung habe laut Paus bislang aber angegeben, nichts darüber zu wissen. Das hält die Grüne für "wenig plausibel".

Neben drei Vertretern des Bundeskanzleramts und Justizministerin Lambrecht sollen am Montag auch ein Vertreter der Bafin sowie Vertreter der bayerischen Landesregierung und der Zoll-Spezialeinheit Financial Intelligence Unit (FIU) angehört werden. Für Dienstag ist eine weitere Sitzung vorgesehen. Dann sind Befragungen von Bafin-Chef Felix Hufeld sowie Vertretern von Bundesbank, Deutscher Börse und des hessischen Wirtschaftsministeriums geplant.

Der Ausschuss hatte bereits Ende Juli Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) und Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) zu ihrer Rolle im milliardenschweren Bilanzskandal des mittlerweile insolventen Zahlungsdienstleisters befragt.

by Christof STACHE