Eine Woche vor der Bundestagswahl ist die FDP zu einem außerordentlichen Bundesparteitag zusammengekommen, bei dem sie den Kurs für mögliche Koalitionsverhandlungen abstecken will. Die Delegierten sollen am Sonntag in Berlin einen Wahlaufruf verabschieden, der zwei Vorbedingungen für einen Regierungseintritt der FDP nach der Wahl nennt: ein Festhalten an der Schuldenbremse und eine Absage an Steuererhöhungen. Der Aufruf enthält keine Festlegung auf eine Koalition.
Zum Auftakt der Parteitags bekräftigte die stellvertretende Parteivorsitzende Nicola Beer die Bereitschaft der FDP zum Regieren. "Nach über 16 Jahren Merkel werden die Grundlagen für eine aktive, eine gestaltende Bundesregierung gelegt", sagte sie. Darin wolle die FDP eine Rolle spielen. Mit Blick auf die aktuellen Umfragewerte für die FDP sagte Beer: "Wir verfügen über eine geniale Ausgangsbasis vor dem nächsten Sonntag - ohne Zittern und Zaudern."
Auch in dem Wahlaufruf erklären die Liberalen ihre Bereitschaft zum Mitregieren: Die FDP sei bereit, "Verantwortung für unser Land zu übernehmen", heißt es darin. Eine Koalitionsaussage vermeidet die Partei - sie macht aber ihre Nähe zur Union klar, mit der sie "gemeinsame Positionen" teile, wie es in dem Papier heißt. Mit Blick auf SPD und Grüne warnt sie vor einem "Linksruck", da diese Parteien "offen für eine Zusammenarbeit mit der Linkspartei" seien.
In ihrem Wahlaufruf formuliert die FDP zudem sieben "Projekte", die sie als Regierungspartei umsetzen will. Dabei geht es unter anderem um "Klimaschutz durch Innovation", "Tempo bei der Digitalisierung", die "Sicherung der Altersvorsorge" sowie um eine "grundlegende Modernisierung unseres Sicherheits- und Verwaltungsapparats".
Aktuellen Umfragen zufolge erscheinen nach der Bundestagswahl bis zu drei Bündnisse mit FDP-Beteiligung denkbar: eine Jamaika-Koalition mit CDU und Grünen, eine Ampel mit SPD und Grünen oder eine Koalition mit Union und SPD.
by John MACDOUGALL