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Fast 2000 Todesopfer nach Erdbeben in Haiti

Mehr als 60.000 Häuser zerstört - USA und EU mobilisieren rasche Hilfen

Vier Tage nach dem schweren Erdbeben in Haiti hat sich die Zahl der Todesopfer auf fast 2000 erhöht. Nach Angaben der Zivilschutzbehörde vom Dienstag (Ortszeit) starben mindestens 1941 Menschen, mehr als 9900 Menschen wurden verletzt. Durch das Beben der Stärke 7,2 seien am Wochenende mehr als 60.000 Häuser zerstört und 76.000 weitere Gebäude beschädigt worden. Die USA schickten acht Militärhubschrauber, um Verletzte zu bergen.

Innerhalb von 48 Stunden konnten nach Angaben der Zivilschutzbehörde 34 Überlebende aus den Trümmern geborgen werden. Es handele sich weiterhin um vorläufige Zahlen, betonte die Behörde.

Trotz anhaltender Regenfälle wurde in Teilen des Landes das Trinkwasser knapp. Die Regierung verhängte in den vier vom Erdbeben stark betroffenen Provinzen für einen Monat den Ausnahmezustand. Die Behörden riefen die Menschen im Erdbebengebiet zu höchster Vorsicht auf, da beschädigte Häuser durch die aktuell starken Regenfälle zum Einsturz gebracht werden könnten.

Die Einwohnerin Natacha Lormira versuchte, sich mit einem zerrissenen Stück Plane, das sie an einem dünnen Holzstock befestige, einen Unterschlupf zu bauen. "Ich will mich nicht unter einem Mauerbogen oder unter einem Vorsprung verstecken, denn wir haben gesehen, wie Menschen unter Mauervorsprüngen gestorben sind", sagte sie. "Wir haben uns damit abgefunden, dass es einfacher ist, nass zu sein als tot."

Der 28-jährige Vladimir Gilles versuchte indessen, mehrere Bambusstöcke tief in den Boden zu rammen, um einen Unterschlupf für seine Frau und sein Kind zu bauen. Er benötige eine Plane, um seine Familie trocken zu halten, sagte der junge Mann, doch die Regierung helfe den Menschen nicht. "Mein Haus ist zerstört, ich habe keinen Platz zum Schlafen."

Das US-Hurrikanzentrum warnte indessen vor "größeren Überschwemmungen" und möglichen Erdrutschen. Die USA haben eigenen Angaben zufolge bislang etwa 40 Verletzte geborgen und zur Notfallbehandlung in Krankenhäuser gebracht. Washington charterte acht Militärhubschrauber aus Honduras, um die medizinischen Evakuierungsmaßnahmen fortzusetzen. Auch die "USS Arlington", ein Transportschiff der US-Marine, solle am Mittwoch mit Einsatzhelfern in Haiti eintreffen, teilte das Pentagon mit.

Die Europäische Union stellte Haiti unterdessen eine humanitäre Soforthilfe von drei Millionen Euro zur Verfügung. Um eine schnelle Wirksamkeit der Hilfe zu gewährleisten, sollen die Mittel über bereits in dem Karibikstaat tätige Hilfsorganisationen verteilt werden.

Die EU-Hilfen sollen nach Angaben der Kommission für die dringlichsten Bedürfnisse verwendet werden, etwa die Ausstattung der Krankenhäuser, die Trinkwasserversorgung und Notunterkünfte.

Die EU mobilisiere rasch Hilfe für ein Land, das ohnehin "sehr zerbrechlich" sei, erklärte der EU-Kommissar für humanitäre Hilfe und Krisenschutz, Janez Lenarcic. Er verwies auf die häufigen Wirbelstürme und Unwetter in Haiti, die dortigen Auswirkungen der Corona-Pandemie und die prekäre Sicherheitslage in dem bitterarmen Land.

Im Jahr 2010 waren bei in Haiti einem heftigen Erdbeben 200.000 Menschen ums Leben gekommen. Nach der Katastrophe brach die Cholera aus, ausgelöst durch die Abwässer eines Stützpunkts der Vereinten Nationen.

by Reginald LOUISSAINT JR