Knapp einen Monat vor der Präsidentschaftswahl in den USA verschärfen die Online-Netzwerke Facebook und Instagram ihr Vorgehen gegen die QAnon-Bewegung, die Verschwörungstheorien verbreitet und US-Präsident Donald Trump unterstützt. Wie der Konzern am Dienstag (Ortszeit) mitteilte, werden künftig alle Facebook-Seiten und -Gruppen sowie alle Instagram-Konten mit Verbindungen zu QAnon entfernt.
Facebook und seine Tochter Instagram wehren sich seit Monaten dagegen, zur Wählerbeeinflussung oder Verbreitung von Falschinformationen missbraucht zu werden. Die QAnon-Bewegung verbreitet die Behauptung, dass die USA von einer kriminellen und satanistischen Organisation beherrscht würden, der etwa die früheren Präsidenten Bill Clinton und Barack Obama, der Milliardär George Soros sowie diverse Hollywoodstars angehören sollen. Viele QAnon-Botschaften haben antisemitischen und rechtsradikalen Charakter.
Ausgangspunkt der Bewegung war ein anonymer Internet-Beitrag im Jahr 2017, bei dem es um angebliche bizarre Riten von Kinderschändern und politische Verschwörungen ging. Seither fand die Bewegung immer mehr Anhänger, inzwischen auch in Deutschland, wo das QAnon-Symbol bei Demonstrationen gegen die Corona-Beschränkungen auftaucht. Viele Anhänger der Bewegung vertreten die durch keine Tatsachen belegte Überzeugung, das Corona-Virus sei eine Verschwörung, um Menschen durch Einsatz von Impfungen und 5G-Handytechnologie zu unterwerfen.
Die US-Bundespolizei FBI warnte im vergangenen Jahr, QAnon sei eine Bewegung, die "sowohl Gruppen als auch einzelne Extremisten zu kriminellen oder gewalttätigen Aktionen" treiben könne. Der Chef der Bürgerrechtsorganisation Anti Defamation League begrüßte das Vorgehen von Facebook und Instagram als überfälligen Schritt, "gefährliche Verschwörungstheorien von ihren Plattformen zu verbannen".
Unter den QAnon-Anhängern sind viele Trump-Unterstützer. Der US-Präsident hatte im August gesagt, er wisse nicht viel über QAnon. Die Anhänger der Bewegung seien aber "Leute, die unser Land lieben".
In den USA und anderen Ländern hat in den vergangenen Monaten der Druck auf die Betreiber der großen Onlinenetzwerke stark zugenommen, gegen Hassbotschaften und Falschinformationen vorzugehen.
In den USA wird die Debatte über derartige Onlinebotschaften angesichts der Präsidentschaftswahl am 3. November besonders intensiv geführt. Facebook und andere Internet-Unternehmen ergriffen in den vergangenen Monaten bereits diverse Maßnahmen gegen aufwiegelnde, manipulative und irreführende Botschaften auf ihren Seiten. Vergangene Woche hatte Facebook Wahlwerbung von US-Präsident Trump mit kritischen Äußerungen über Flüchtlinge aus seinem Netzwerk entfernt.
Im August hatte Facebook bereits rund 800 Gruppen, 100 Seiten und 1500 Anzeigen mit Verbindungen zu QAnon aus seinem Netzwerk entfernt. Für mehr als 10.000 Instagram-Konten, 440 Facebook-Seiten und fast 2000 Facebook-Gruppen wurden zudem Restriktionen verhängt, um die Reichweite von QAnon-Inhalten einzuschränken.
Auch mehr als 300 sogenannte Hashtags - also Schlagworte - mit Bezug zu QAnon wurden deshalb in beiden Netzwerken blockiert. Der Kurzbotschaftendienst Twitter hatte schon zuvor tausende Konten mit Verbindungen zu QAnon gelöscht.
Die jüngste Entscheidung von Facebook und Instagram richtet sich nach Angaben des Unternehmens gegen "anarchistische Gruppen, die Gewaltaktionen bei Protesten, Milizen in den USA und QAnon unterstützen". Konten würden gesperrt, auch wenn sie nicht zur Gewalt aufriefen. Zur Begründung hieß es, QAnon-Anhänger passten ihre Botschaften im Netz rasch an, um Vorschriften zu umgehen, oder leiteten von Einträgen mit gewaltfreiem Inhalt auf andere Seiten weiter.
Im Juli zählte der Internet-Tracker NewsGuard allein in Deutschland, Frankreich, Italien und Großbritannien fast 450.000 Anhänger von QAnon-Websites. Die Anhängerschaft der Gruppe befindet sich laut NewsGuard-Europadirektor Chine Labbe seit einem Jahr in einem "exponentiellen Wachstum".
by Von Glenn CHAPMAN