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Facebook-Gremium bestätigt vorübergehend Sperrung von Ex-US-Präsident Trump

Online-Plattform muss Fall aber innerhalb von sechs Monaten neu prüfen

Das Facebook-Aufsichtsgremium hat die Sperre des früheren US-Präsidenten Donald Trump bei der Online-Plattform vorübergehend bestätigt. Eine Sperrung von Trumps Konten bei Facebook und dem Fotodienst Instagram nach der gewaltsamen Kapitol-Erstürmung vom 6. Januar sei "gerechtfertigt" gewesen, erklärte das sogenannte Oversight Board aus unabhängigen Experten am Mittwoch. Nicht zulässig sei aber die gegen Trump verhängte "unbefristete Sperrung". Facebook muss den Fall deswegen binnen sechs Monaten erneut prüfen.

"Präsident Trumps Handlungen in den sozialen Netzwerken ermutigten zur Gewalt, legitimisierten Gewalt und waren ein schwerer Verstoß gegen die Facebook-Regeln", erklärte Aufsichtsgremiums-Vertreter Thomas Hughes. Mit seinen grundlosen Behauptungen des Wahlbetrugs bei der Präsidentschaftswahl vom 3. November und seinen ständigen Aufrufen zum Handeln habe Trump ein Umfeld geschaffen, "in dem ein ernstes Risiko von Gewalt möglich war".

Das Aufsichtsgremium, das manchmal auch als "Oberster Gerichtshof" bei Facebook bezeichnet wird, erklärte die gegen Trump verhängte Strafe aber für unzulässig: Eine "unbefristete" Sperrung sei im Facebook-Regelwerk nicht vorgesehen. Diese Strafe sei "willkürlich".

"Zu den normalen Strafen von Facebook gehört es, Inhalt, der gegen die Regeln verstößt, zu entfernen, eine zeitlich begrenzte Suspendierung aufzuerlegen oder die Seite und das Konto dauerhaft zu sperren", erklärte das Aufsichtsgremium, dem Juristen, Bürgerrechtsexperten und Journalisten angehören. Facebook müsse auf Trump dieselben Regeln anwenden wie auf andere Nutzer auch. Das Aufsichtsgremium gab Facebook nun sechs Monate, um eine "angemessene Strafe" zu finden.

Wegen der Kapitol-Erstürmung hatte auch der Kurzbotschaftendienst Twitter - bis dahin Trumps wichtigstes Online-Sprachrohr - das Konto des damaligen Präsidenten gesperrt. Das Vorgehen der Online-Plattformen stieß zwar auf viel Zustimmung. Zugleich wurden aber Sorgen hinsichtlich der Macht der Internetriesen über öffentliche Meinungsäußerungen laut, insbesondere mit Blick auf Staats- und Regierungschefs und andere Politiker. Trumps Republikaner werfen den Online-Plattformen vor, konservative Meinungen zu unterdrücken.

Facebook beauftragte noch im Januar sein unabhängiges Aufsichtsgremium zu prüfen, ob die Sperre aufrecht erhalten oder aufgehoben wird. Die Entscheidung des Oversight Board ist für den Konzern laut eigenen Vorgaben bindend.

Radikale Anhänger Trumps hatten am 6. Januar das Kapitol erstürmt, als dort der Sieg seines Wahlherausforderers Joe Biden endgültig bestätigt werden sollte. Bei und am Rande der Gewalt kamen fünf Menschen ums Leben. Trump hatte in den Wochen zuvor die Verschwörungstheorie verbreitet, er sei durch massiven Wahlbetrug um eine zweite Amtszeit gebracht worden. Am 6. Januar rief er seine Anhänger in einer aufpeitschenden Rede zum Marsch auf das Kapitol auf.

Der 74-Jährige weigert sich bis heute, seine Wahlniederlage anzuerkennen. Der von den Online-Plattformen verbannte Ex-Präsident veröffentlicht inzwischen wieder regelmäßig Erklärungen, die per E-Mail an Medien verschickt werden. Sie finden allerdings viel weniger Gehör als einst seine Online-Botschaften.

by Von Fabian Erik SCHLÜTER