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Experten sehen in Landwirtschaft großes Potenzial zur Emissionssenkung

Höhere Besteuerung von Stickstoffdünger und tierischen Produkten gefordert

Experten sehen in der Landwirtschaft ein großes Potenzial zur Minderung des Treibhausgas-Ausstoßes. Wissenschaftler der Berliner Humboldt-Universität verweisen vor allem auf Möglichkeiten zur Vermeidung von Stickstoffüberschüssen bei der Düngung und zur Verringerung von Methan-Emissionen bei der Tierhaltung. Zudem könne die Wiedervernässung von Mooren zum Klimaschutz beitragen.

Laut der Studie "Klimaneutrales Deutschland 2045", die am Mittwoch von der Stiftung Klimaneutralität vorgestellt wurde, können die derzeitigen Emissionen der Landwirtschaft von knapp 70 Millionen Tonnen auf 58 Millionen Tonnen bis 2030 und auf etwa 40 Millionen Tonnen bis 2045 gesenkt werden. Ein Kernproblem sieht Stiftungsdirektor Rainer Baake neben den Stickstoffüberschüssen vor allem in der Massentierhaltung.

"Die Zusammenhänge zwischen Tierhaltung und Klimawandel müssen benannt und steuerliche Privilegien für tierische Produkte sollten abgeschafft werden", forderte Baake in Berlin. Konkret schlägt die Stiftung Klimaneutralität die Einführung einer Stickstoffsteuer von zunächst 50 Cent pro Tonne CO2-Äquivalent sowie die Anhebung der Mehrwertsteuer für tierische Produkte auf den vollen Steuersatz von 19 Prozent vor.

Die Einnahmen sollen jeweils zur Unterstützung eines klimagerechten Umbaus an die Landwirtschaft zurückfließen. Zudem sollten die eingesetzten Stickstoffmengen pro Betrieb begrenzt werden. "Unsere Vorschläge tragen insgesamt dazu bei, auch in der Landwirtschaft eine stärkere Einpreisung der Klima-Schadenskosten zu erreichen", erklärte Baake.

Stickstoffüberschüsse sind der Studie zufolge mit mehr als einem Drittel eine der größten Emissionsquellen der Landwirtschaft. Die Tierhaltung verursache Emissionen in ähnlicher Größenordnung hieß es. Verringert werden könne der Treibhausgas-Ausstoß durch mehr Nahrungsmittel auf pflanzlicher Basis, denn diese seien deutlich ressourceneffizienter als Lebensmittel aus tierischer Herkunft.

So würden allen rund 58 Prozent der landwirtschaftlich genutzten Fläche in Deutschland für die Futtermittelproduktion verwendet, mahnten die Expertinnen und Experten. Hinzu kämen Importe aus zum Teil ökologisch schädlicher Herstellung. "Wir brauchen eine gesellschaftliche Verständigung über eine langfristige Perspektive für die Nutztierhaltung in Deutschland", forderte daher Baake.

Als weitere maßgebliche Quelle von Emissionen wird in der Studie die landwirtschaftliche Nutzung trockengelegter Moore genannt. In den vergangenen zwei Jahrhunderten seien in Deutschland über 95 Prozent der Moorböden entwässert worden, hieß es. Die Folge seien Emissionen von rund 40 Millionen Tonnen an Treibhausgasen pro Jahr.

Ziel müsse daher eine weitgehende Wiedervernässung bis 2045 und eine klimaschonendere Nutzung der wiedervernässten Flächen sein. Zunächst solle dabei auf positive Anreize und Freiwilligkeit gesetzt werden, zum Beispiel durch einen nationalen Moorschutzfonds. Mittel- und langfristig müsse aber auch eine Steuerung etwa über die Bepreisung von Emissionen erfolgen.

by Ina FASSBENDER