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Experten des Wirtschaftsministeriums besorgt wegen Rentenfinanzierung

Der unabhängige Wissenschaftliche Beirat des Bundeswirtschaftsministeriums hat sich besorgt zur künftigen Finanzierung der gesetzlichen Rentenversicherung geäußert. Auf Grundlage der aktuellen Gesetzeslage sei zu befürchten, dass schon in den 2040er Jahren "mehr als die Hälfte des Bundeshaushalts in die Rente fließen würde", heißt es in einem Schreiben an Ressortchef Robert Habeck (Grüne), über das am Dienstag zuerst die "Bild"-Zeitung berichtete. Deutliche Kritik übt das Gremium an den Plänen für eine Aktienrente.

"Aufgrund der Alterung der Bevölkerung werden die Rentenausgaben in den nächsten Jahren deutlich und dauerhaft steigen", heißt es in dem auf den 13. Juli datierten Schreiben, das der Nachrichtenagentur AFP vorliegt. Verwiesen wird dabei auf die Festlegung im Koalitionsvertrag, ein Rentenniveau von 48 Prozent dauerhaft zu sichern. 

"Die Gefahr ist groß, dass dadurch die Finanzierung von Zukunftsaufgaben verdrängt wird, etwa der sozial-ökologische Umbau der Wirtschaft, aber auch vermehrte Bildungsanstrengungen und der Ausbau der öffentlichen Infrastruktur", schreiben die Expertinnen und Experten. Der Beirat empfiehlt daher, "Prioritäten zu setzen" und warnt davor, das Mindestsicherungsniveau "auf alle Einkommensgruppen zu beziehen".

Zu der von Finanzminister Christian Lindner (FDP) derzeit vorbereiteten Aktienrente heißt es, grundsätzlich sei es sinnvoll, die kapitalgedeckte Altersvorsorge zu stärken. Auch seien nach den Erfahrungen mit der Riesterrente kollektive Altersvorsorgemodelle individuellen Modellen vorzuziehen, die wegen der mit ihnen verbundenen hohen Kosten für Verwaltung und gesetzliche Garantien wenig attraktiv seien.

Skeptisch äußern sich die Expertinnen und Experten jedoch zu dem von Lindner geplanten Modell eines "öffentlich verantworteten Fonds". Die internationale Erfahrung zeige, "dass derartige Fonds unterdurchschnittliche Renditen abwerfen", warnt der Beirat. Sinnvoller sei es, die in Deutschland bereits bewährten Modelle der Betriebsrente "zu stärken und vor allem mittels einer Standardbetriebsrente auf kleinere und mittlere Unternehmen auszuweiten".

Mit Blick auf das Renteneintrittsalter wendet sich der Beirat vor allem gegen die aktuellen Regelungen zur Rente mit 63 für langjährig Versicherte. "Damit gehen der Rentenversicherung nicht nur eine große Zahl von Beitragszahlenden verloren, der vorzeitige Rentenbeginn werde zudem "überwiegend von gut ausgebildeten, überdurchschnittlich verdienenden und gesünderen Menschen in Anspruch genommen".

Hierdurch werde auch "der durch die demographische Entwicklung entstehende Fachkräftemangel weiter verschärft", die Rente mit 63 sei insofern "aus gesamtwirtschaftlicher Sicht eine höchst problematische Regelung". Sofern aus politischen Gründen trotzdem daran festgehalten werde, raten die Expertinnen und Experten zumindest dazu, diese Möglichkeit "nur denen zukommen zu lassen, die gesundheitlich und/oder einkommensmäßig weniger privilegiert sind".

Generell fordert der Beirat Habeck auf, in der Diskussion über die Zukunft der Renten "die langfristige gesamtwirtschaftliche Perspektive zu betonen". Deutschland müsse "auch in der Sozialpolitik Prioritäten setzen, um trotz der Bevölkerungsalterung die Produktivität seiner Wirtschaft zu erhalten und zu stärken".

bk/mt