Unabhängige Experten haben der französischen Regierung "Mängel" bei der Bewältigung der Corona-Krise attestiert. Im Vergleich zu Deutschland seien unter anderem die Teststrategie und die Krankenhaus-Versorgung schlechter gewesen, heißt es in einem am Dienstag in Paris veröffentlichten Zwischenbericht. Präsident Emmanuel Macron hatte die fünfköpfige Gruppe unter Leitung des Schweizer Infektiologen Didier Pittet mit der Untersuchung beauftragt.
Bei der sogenannten Übersterblichkeit nimmt Frankreich laut dem Bericht unter den Industrieländern einen "mittleren Platz" ein. Demnach wurde 68 Tage lang eine erhöhte Sterberate registriert, während es in Deutschland 44 Tage waren. In Italien waren es mit 97 Tagen allerdings deutlich mehr als in Frankreich, in den USA lag die Zahl sogar bei 183 Tagen.
Flächendeckende Corona-Tests wurden in Frankreich laut dem Bericht viel zu spät eingesetzt. Das liege daran, dass private Labore anders als in Deutschland zunächst nicht einbezogen wurden, rügten die Autoren.
Die wirtschaftlichen Folgen seien zudem gravierend: So habe die landesweite Ausgangssperre zwischen März und Mai zu einem "besonders starken" Einbruch des französischen Bruttoinlandsproduktes geführt, betonen die Wissenschaftler. Nach einer am Dienstag veröffentlichten Prognose des Internationalen Währungsfonds (IWF) dürfte die französische Wirtschaftsleistung in diesem Jahr um 9,8 Prozent einbrechen.
Präsident Macron wollte am Mittwochabend bei einem Fernsehauftritt mögliche neue Corona-Maßnahmen vorstellen. Sie dürften vor allem Paris treffen, wo die Krankenhäuser wegen einer mehr als 40-prozentigen Belegung der Intensivbetten Alarm schlagen.
by Lewis Joly