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Evakuierungsflug soll 200 Ausländer von Kabul außer Landes bringen

Taliban schlagen harten Kurs gegen Meinungsfreiheit und Frauenrechte ein

Erstmals seit dem Abzug der US-Truppen und dem Ende der Evakuierungsflüge aus Afghanistan sollen wieder Ausländer von Kabul außer Landes geflogen werden. Rund 200 Menschen, darunter auch US-Bürger, würden nach Doha gebracht werden, erfuhr die Nachrichtenagentur AFP am Donnerstag von einer mit dem Vorgang vertrauten Quelle in der katarischen Hauptstadt. Derweil schlug die neue Taliban-Regierung einen harten Kurs gegen Meinungsfreiheit und Frauenrechte ein. Sie verbot Proteste, Frauen klagen über Nichtauszahlung von Gehältern.

Auf dem Flughafen von Kabul wurde am Donnerstagnachmittag eine Maschine der katarischen Fluggesellschaft Qatar Airways für den Flug vorbereitet. Der katarische Sender Al-Dschasira zeigte Frauen und Kinder, die auf dem Kabuler Flughafen darauf warteten, ausgeflogen zu werden. "Wir sind den Katarern sehr dankbar", sagte ein Mann, bei dem es sich dem Bericht zufolge um einen kanadischen Passagier handelte.

Die nach der Machtübernahme der radikalislamischen Taliban gestarteten Evakuierungsflüge aus Kabul waren Ende August eingestellt worden. Über die internationale Luftbrücke waren binnen weniger Wochen etwa 123.000 Menschen aus Afghanistan ausgeflogen worden. Aber nicht alle ausreisewillige Ausländer und gefährdete Afghanen schafften es rechtzeitig außer Landes.

Katar ist in der Afghanistan-Krise ein wichtiger Akteur. In dem Golf-Staat fanden 2020 die Verhandlungen zwischen den radikalislamischen Taliban und der US-Regierung über einen Truppenabzug aus Afghanistan statt. Später wurden in Katar die Verhandlungen zwischen der Miliz und der damaligen afghanischen Regierung geführt. Am Donnerstag beriet sich der katarische Außenminister auch mit seinem iranischen Kollegen. Anfang der Woche hatte bereits US-Außenminister Antony Blinken in Doha Gespräche zu Afghanistan geführt.

Nach der Aufnahme ihrer Regierungsarbeit am Mittwoch verboten die Taliban unterdessen alle Proteste "bis auf Weiteres". Wer dagegen verstoße, müsse mit "strengen rechtlichen Schritten" rechnen, erklärten sie. Zuvor war es in mehreren Städten des Landes zu einzelnen Demonstrationen gegen die neuen Herrscher am Hindukusch gekommen.

Kundgebungen wurden daraufhin am Donnerstag von den Organisatoren aus Angst abgesagt. Die Taliban erhöhten die Präsenz ihrer Sicherheitskräfte auf den Straßen von Kabul deutlich, wie AFP-Journalisten berichteten.

Die UNO kritisierte derweil den harten Kurs gegen Menschen- und Frauenrechte, den die Taliban trotz aller anderweitigen Versprechen offenbar einschlagen. So wird Frauen das Arbeiten verboten beziehungsweise Frauen bekommen ihre Gehälter einfach nicht gezahlt, wie die in Kabul ansässige UN-Frauenrechtlerin Alison Davidian am Mittwoch in einer Videokonferenz der Vereinten Nationen sagte. "Wir erhalten jeden Tag Berichte über Rückschritte bei den Frauenrechten."

Die Taliban hatten versichert, ihre Herrschaft werde sich von ihrer Zeit an der Macht in den 1990er Jahren unterschieden. Damals mussten Afghaninnen zu Hause bleiben, die meisten Unterhaltungsangebote waren verboten und es wurden Strafen wie Steinigungen und öffentliche Hinrichtungen verhängt. Speziell zu Frauenrechten erklärten die Islamisten nun, diese würden "im Rahmen des Islam" respektiert.

Am Dienstag hatten die Taliban ihre neue Regierung für Afghanistan vorgestellt. Im Kabinett finden sich ausschließlich Männer mit langjähriger Zugehörigkeit zu der islamistischen Bewegung.

Derweil sind die Menschen mit steigenden Lebensmittel- und die Treibstoffpreisen konfrontiert. Die Möglichkeiten zum Geldverdienen sind eingeschränkt. In vielen Branchen senkten die Taliban zudem die Gehälter. Viele staatliche Dienste funktionieren nicht mehr, Banken sind geschlossen.

Währenddessen wird international debattiert, wie mit Afghanistan umgegangen werden soll. Dringend benötigte Hilfszahlungen, von denen Afghanistan in den vergangenen Jahren anhängig war, fließen nicht. Die EU hat die ungehinderte Ausreise ihrer Staatsbürger aus Afghanistan zu einer der Voraussetzungen für eine Zusammenarbeit mit den Taliban und weitere Hilfen für das Land gemacht. Das UN-Kinderhilfswerk Unicef rief am Donnerstag dazu auf, die Millionen hilfsbedürftigen Kinder in Afghanistan nicht im Stich zu lassen.

by Von James EDGAR