Nach dem Chaos bei den Eurostar-Zügen zwischen Großbritannien und dem europäischen Festland läuft der Bahnverkehr seit Sonntag wieder normal. Nachdem rund 30.000 Eurostar-Passagiere wegen der Überflutung von zwei Tunneln in Südengland zuvor gestrandet waren, verlief die Wiederaufnahme des Zugverkehrs am Sonntagmorgen ruhig. "Ich fühle mich als Glückskind", sagte die 27-jährige Lisa Thompson im Londoner Bahnhof St. Pancras, die mit dem Zug am Sonntagvormittag nach Paris fahren wollte, um dort Silvester mit ihren Eltern zu feiern.
Tausende Reisende hatten zuvor weniger Glück, sie waren kurz vor Silvester am Samstag in dem Londoner Bahnhof gestrandet und wussten teils nicht, wo sie übernachten sollten. Grund war die Überschwemmung der Eisenbahntunnel südlich von London infolge von heftigen Regenfällen. Deshalb mussten alle Eurostar-Fahrten am Samstag gestrichen werden.
Der Plan des frisch vermählten Ehepaars Nicole und Christopher Carrera aus New York, Silvester in Disneyland bei Paris zu feiern, war damit "ruiniert". "Wir werden jetzt nicht vor morgen Abend gegen 18.00 Uhr in Paris sein", sagte die 29-jährige Carrera am Samstag auf dem Londoner Bahnhof St. Pancras. Sie würden dann durch die französische Hauptstadt spazieren statt durch Disneyland.
Für ein anderes Paar, Christina David und Georgina Benyamin aus Sydney, sollte Paris die letzte Station in Europa vor der Heimreise sein. Sie sei "enttäuscht, wütend, traurig", sagte David. Viele Menschen hätten geweint.
Die Betreibergesellschaft Eurostar hatte am Samstagabend mitgeteilt, dass der Zugverkehr am Sonntag wieder aufgenommen werde. Zuvor waren 41 Züge am Samstag wegen eines Wassereinbruchs in den Tunneln zwischen dem Londoner Eurostar-Bahnhof St. Pancras und Ebbsfleet gestrichen worden - an einem Tag mit extrem hohem Fahrgast-Aufkommen wegen der Neujahrsfeiern. Schließlich erklärte die Gesellschaft, "mindestens ein Tunnel" könne genutzt und ein "voller Dienst" angeboten werden. Es gebe allerdings Geschwindigkeitsbeschränkungen und dadurch möglicherweise Verspätungen.
Im Londoner Bahnhof St. Pancras bildeten sich am Sonntagmorgen lange Warteschlangen. Die Züge wurden pünktlich angezeigt, dennoch wurde vor Verspätungen per Lautsprecher gewarnt.
Rund 30.000 Fahrgäste waren am Samstag in London, Paris, Brüssel und Amsterdam gestrandet, den Städten, die durch den Eurostar mit London verbunden werden. Die Betreibergesellschaft bedauerte ausdrücklich die Auswirkungen für die Reisenden so kurz vor Silvester. Dies tue Eurostar "extrem leid". Die betroffenen Reisenden sollten sich über Entschädigungsmöglichkeiten informieren.
Der britische Wetterdienst Met Office hatte vor Regen, Schnee und Eis in großen Teilen des Landes gewarnt.
Es war die zweite Unterbrechung des Zugbetriebs nach London unter dem Ärmelkanal binnen zehn Tagen. Nach dem Ende eines unangekündigten Streiks französischer Beschäftigter des Tunnelbetreibers Getlink kurz vor Weihnachten war der Zugverkehr erst am Freitag vor einer Woche wieder aufgenommen worden. Eurostar musste wegen des Streiks 30 Züge streichen.
cp/yb