Auch bei vorübergehend wieder eingeführten Grenzkontrollen innerhalb der Europäischen Union muss sich ein Mitgliedsstaat im Umgang mit illegal eingereisten Ausländern an die in der europäischen Rückführungsrichtlinie vorgesehenen Normen halten. Das gelte auch dann, wenn der Betroffene bei einer Kontrolle hinter der Grenze abgefangen werde und sich somit schon im Hoheitsgebiet dieses Staats aufhalte, erklärte der Europäische Gerichtshof (EuGH) am Donnerstag in Luxemburg. (Az. C-143/22)
Er beantwortete damit eine Frage aus Frankreich. Vor den dortigen Gerichten hatten sich mehrere Vereinigungen gegen eine Verordnung aus dem Jahr 2020 gewandt. Demnach können französische Behörden Angehörigen von Drittstaaten die Einreise an Grenzen zu anderen EU-Mitgliedsstaaten verweigern, an denen nach dem Schengener Grenzkodex wegen einer ernsthaften Bedrohung der öffentlichen Ordnung oder der inneren Sicherheit vorübergehend wieder Grenzkontrollen stattfinden.
Der französische Staatsrat fragte den EuGH, ob die Einreiseverweigerung allein auf Grundlage des Kodex erfolgen könne oder ob die Verfahren der Rückführungsrichtlinie beachtet werden müssten. Diese sehen vor, dass erst eine Rückkehrentscheidung ergehen und eine Frist zur Ausreise gesetzt werden muss.
Der EuGH antwortete dem Staatsrat nun, dass die Entscheidung über eine Einreiseverweigerung zwar auf Grundlage des Schengener Grenzkodex erlassen werden könne, im Hinblick auf die Abschiebung aber trotzdem die in der Rückführungsrichtlinie vorgesehenen Normen und Verfahren beachtet werden müssten. Im konkreten Fall muss nun der französische Staatsrat entscheiden. Er ist dabei an die Rechtsauffassung des EuGH gebunden.
smb/cfm