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EU-Spitzen beraten über Rolle Europas in der Welt

Afghanistan sowie Beziehung zu USA und China sind Themen

Die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union beraten auf ihrem ersten Gipfeltreffen seit dem Afghanistan-Abzug über eine stärkere Rolle Europas in der Welt und das Verhältnis zu den USA. EU-Ratspräsident Charles Michel sagte zum Auftakt des Treffens im slowenischen Brdo pri Kranju, es gehe um die Frage, “wie die Europäische Union genügend Einfluss auf internationaler Ebene ausüben kann, um unsere Werte und Interessen zu verteidigen”.

Auf der Tagesordnung des informellen Abendessen stehen nach Michels Angaben zunächst “Afghanistan, die Beziehung zu China und die Situation im Indopazifik”.

Der französische Präsident Emmanuel Macron forderte bei seinem Eintreffen, die EU müsse “ihre Unabhängigkeit und Souveränität steigern”. “Auf technologischer, industrieller, finanzieller aber auch militärischer Ebene müssen wir die Grundlagen für ein stärkeres Europa schaffen”, sagte er. Macron hatte bereits nach dem überstürzten Abzug aus Afghanistan eine stärkere militärische Unabhängigkeit von den USA gefordert.

Skepsis ließ Macron gegenüber den Beteuerungen von US-Präsident Joe Biden erkennen, Frankreich sei ein wichtiger US-Partner. “Ich glaube an Fakten”, betonte Macron unter Anspielung auf das überraschend angekündigte indopazifische Bündnis der USA und das daraufhin geplatzte französische U-Boot-Geschäft mit Australien. Macron sagte, er werde Biden beim G20-Treffen in Rom Ende des Monats treffen und dann “sehen, wie wir aufeinander zugehen können”.

Der portugiesische Regierungschef António Costa forderte ein europäisches “Eingreifen, um die Energiepreise unter Kontrolle zu bringen”. Zuvor hatten Spanien, Frankreich und Griechenland ein abgestimmtes Vorgehen der EU gefordert.

An dem Treffen nimmt auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) teil. Sie äußerte sich bei ihrem Eintreffen zunächst nicht. Am Mittwoch werden die Beratungen im erweiterten Format mit den Westbalkan-Ländern fortgesetzt. Hierzu werden die Staats- und Regierungschefs von Albanien, Nordmazedonien und vier weiteren Balkan-Ländern erwartet.

Albanien und Nordmazedonien hoffen auf einen Startschuss für die Beitrittsverhandlungen mit der EU. Auch Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) hatte vor dem Gipfel ein klares Signal gefordert. Die Erweiterung ist wegen Vorbehalten verschiedener Mitgliedstaaten bereits seit Jahren ins Stocken geraten.

In der slowenischen Hauptstadt Ljubljana gut 30 Kilometer südlich von dem streng gesicherten Tagungsort protestierten unterdessen tausende Menschen gegen die Corona-Politik der Regierung. Die Polizei setzte Wasserwerfer und Tränengas ein, um zu verhindern, dass die Demonstranten Straßen im Stadtzentrum blockieren.

by Ludovic MARIN

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