Die EU-Länder haben sich im jahrelangen Asylstreit geeinigt. EU-Innenkommissarin Ylva Johansson sprach am Donnerstagabend nach den fast zwölfstündigen Beratungen von einem "historischen" Kompromiss. Er sieht erstmals Asylverfahren an den EU-Außengrenzen vor und eine bessere Verteilung von Migranten zwischen den Ländern.
Auch Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) nannte die Einigung "historisch". Deutschland konnte sich allerdings mit zentralen Forderungen nicht durchsetzen. Dazu gehören vor allem Ausnahmen von den umstrittenen Grenzverfahren für Familien mit Kindern. In den nun folgenden Verhandlungen der EU-Länder mit dem Europaparlament will sich die Bundesregierung nach Faesers Worten weiter dafür einsetzen.
Italien, Griechenland und andere Länder setzten sich zudem mit der Forderung durch, Migranten in sogenannte sichere Drittstaaten abschieben zu können. Dies soll nach Angaben der EU-Kommission und des schwedischen EU-Ratsvorsitzes auch dann möglich sein, wenn ein Geflüchteter lediglich durch den betreffenden Drittstaat durchgereist ist. Deutschland hatte sich zuvor gegen eine solche Möglichkeit ausgesprochen.
Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) nannte den Kompromiss "keinen einfachen". Der "bittere Teil" seien "die Grenzverfahren an der Außengrenze für Menschen aus Ländern mit einer geringen Anerkennungsquote", sagte Baerbock in Berlin. Ohne diese Grenzverfahren hätte sich aber niemand außer Deutschland an dem Verteilmechanismus beteiligt. Dieser sieht vor, dass Länder wie Ungarn und Polen 20.000 Euro für jeden Migranten zahlen müssen, den sie nicht aufnehmen. Das Geld soll in einen Topf fließen, der von der EU-Kommission verwaltet wird.
Baerbock betonte, ein Nein oder eine Enthaltung Deutschlands hätten mehr Leid und nicht weniger bedeutet. In diesem Fall wäre der Asylkompromiss gescheitert. Flüchtlingsorganisationen und Kulturschaffende hatten die Bundesregierung aufgerufen, ihre Zustimmung zu verweigern. Auch aus den Reihen von Grünen und SPD gab es scharfe Kritik.
kbh/lob