Die EU-Kommission will europäische Firmen besser vor Sanktionen durch Drittstaaten wie den USA schützen. Dies geht nach AFP-Informationen aus einem Aktionsplan zur Stärkung der Widerstandsfähigkeit des europäischen Wirtschafts- und Finanzsystems hervor, den die Behörde am Dienstagnachmittag verabschieden will. Sanktionen von Drittstaaten können demnach nicht nur Folgen für europäische Firmen haben, sondern auch die Fähigkeit der EU "ernsthaft beeinträchtigen, außenpolitische Ziele voranzubringen".
Einen Tag vor dem Amtsantritt des neuen US-Präsidenten Joe Biden verweist Brüssel insbesondere auf die Erfahrungen mit der Politik seines Vorgängers Donald Trump. Er war 2018 aus dem Atomabkommen mit dem Iran ausgestiegen und hatte US-Wirtschaftssanktionen gegen Teheran wiedereingeführt. Europäische Finanzinstitute und Firmen mussten damals fürchten, selbst Ziel der US-Sanktionen zu werden, wenn sie weiter Geschäfte mit dem Iran machten.
Die Europäer wollten das Atomabkommen retten und gründeten deshalb eine Zweckgesellschaft, um indirekt weiter die Abwicklung von Handelsgeschäften mit dem Iran zu ermöglichen. Zudem wurde eine Verordnung aktiviert, die europäische Unternehmen vor einem juristischen Vorgehen durch die US-Behörden schützen sollte.
Da die Wirkung begrenzt blieb, will die Kommission dieses sogenannte Blocking Statute nun überarbeiten und schlagkräftiger machen. Dabei sollen auch Gegenmaßnahmen außerhalb des Handelsbereichs in Betracht gezogen und der rechtliche Schutz von EU-Unternehmen vergrößert werden.
Darüber hinaus will die Kommission in diesem Bereich die Prüfung von Übernahmen europäischer Unternehmen durch ausländische Investoren ausweiten. Den Angaben zufolge will sie im Verbund mit den Mitgliedstaaten prüfen, "ob das EU-Zielunternehmen dadurch anfälliger für die Einhaltung solcher extraterritorialer Sanktionen wird".
Umgekehrt plant die EU, die Durchschlagskraft ihrer eigenen Sanktionen zu erhöhen und damit ihr außenpolitisches Gewicht in der Welt zu stärken. Dazu will sie in diesem Jahr zunächst die bisherige Wirkung ihrer Strafmaßnahmen analysieren und dann Praktiken zur Umgehung ins Visier nehmen. Dabei will die Kommission auch ein System aufbauen, das es Informanten ermöglicht, anonym Verstöße gegen EU-Sanktionen zu melden.
Zur besseren Abstimmung mit den Mitgliedstaaten bei der Durchsetzung von Sanktionsbeschlüssen soll dieses Jahr zudem eine Datenbank entwickelt werden. Darüber hinaus will Brüssel besser sicherstellen, dass EU-Gelder an Drittstaaten, internationale Organisationen oder Finanzinstitutionen nicht zur Umgehung von EU-Sanktionen genutzt werden.
Die Kommission betont daneben auch die Notwendigkeit, die "internationale Rolle des Euro" zu stärken. Denn die Corona-Krise habe "Schwachstellen im Dollar-dominierten internationalen Finanzsystem aufgezeigt". Ziel sei es, "die Wirtschaft vor Wechselkursschocks zu schützen und die Abhängigkeit von anderen Währungen zu verringern sowie niedrigere Transaktions-, Finanzierungs- und Risikomanagementkosten zu gewährleisten".
by Von Martin TRAUTH