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EU-Kommission droht Polen in Streit um Justizreform mit Geldstrafe

Jourova: Warschau muss EuGH-Urteil zu Disziplinarkammer für Richter umsetzen

Die EU-Kommission hat Polen im Streit um eine umstrittene Disziplinarkammer für polnische Richter mit einer Geldstrafe gedroht. Sollte die Regierung in Warschau die Disziplinarkammer nicht wie vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) gefordert aussetzen, werde Brüssel die Zahlung eines Bußgeldes gerichtlich beantragen, sagte EU-Kommissionsvizepräsidentin Vera Jourova am Dienstag. Polen habe Zeit bis zum 16. August.

Die EU streitet seit Jahren mit Warschau über Justizreformen der rechtsnationalistischen Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS). Unter anderem geht es dabei um die 2018 eingerichtete Disziplinarkammer des Obersten Gerichts, die für Disziplinarverfahren gegen Richter zuständig ist und diese beispielsweise auch suspendieren kann.

Der Streit hatte sich zuletzt zugespitzt. Nach Auffassung der EU-Kommission ist die Unabhängigkeit der Disziplinarkammer fraglich, da ihre Mitglieder vom politisch kontrollierten Landesjustizrat ernannt werden. Brüssel hatte deshalb Klage in Luxemburg eingereicht und der EuGH gab der Kommission vergangene Woche in allen Beschwerdepunkten Recht.

Zuvor hatten die Luxemburger Richter bereits von Brüssel beantragte einstweilige Maßnahmen bewilligt, wonach die Disziplinarkammer noch vor dem Urteil ihre Arbeit einstellen müsse. Sie begründeten dies mit andernfalls drohendem nachhaltigen Schaden für die Gewaltenteilung in Polen.

Warschau ist den Aufforderungen bislang nicht umfänglich nachgekommen. Regierungschef Mateusz Morawiecki wies stattdessen das Verfassungsgericht an, zu prüfen, ob die Luxemburger EU-Richter nicht ihre Kompetenzen überschritten hätten. Die polnischen Richter, deren politische Unabhängigkeit infolge der Justizreformen in Frage steht, urteilten vergangene Woche, dass die Anordnungen aus Luxemburg nicht mit der polnischen Verfassung vereinbar seien.

"Lassen Sie mich wiederholen, was wir schon oft gesagt haben: EU-Recht hat Vorrang vor nationalem Recht", sagte Jourova. "Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs, einschließlich Anordnungen für einstweilige Maßnahmen, sind für alle Behörden und nationalen Gerichte der Mitgliedsstaaten bindend." In dieser Frage könne es keine Kompromisse geben.

by Francisco Seco