Der EU-Kommission gehen die Pläne der Bundesregierung für ein Lieferkettengesetz nicht weit genug. Zwar helfe es "enorm", wenn nun auch Deutschland ebenso wie Frankreich und die Niederlande die Unternehmen stärker in die Verantwortung nehme, sagte EU-Justizkommissar Didier Reynders der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (Mittwochsausgabe). Allerdings sei ein "starkes Signal" nötig. Eine bestimmte Schwelle von Mitarbeitern, ab denen das Gesetz gelte, sei zu wenig.
Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU), Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) und Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) hatten die Pläne für das Gesetz Mitte Februar vorgestellt. Demnach sollen große deutsche Unternehmen künftig dafür sorgen, dass entlang ihrer weltweiten Lieferkette die Menschenrechte eingehalten werden.
Das Gesetz soll ab 2023 für Unternehmen mit mehr als 3000 in Deutschland Beschäftigten gelten - inklusive Zeitarbeiter. Ab 2024 sollen auch Unternehmen ab 1000 Beschäftigten darunter fallen. Mittelständische Unternehmen fallen somit nicht in den Anwendungsbereich.
"Die Größe der Unternehmen sagt nichts aus", sagte Reynders der "FAZ" dazu. Die Einfuhr von Textilien, die von Zwangsarbeitern gepflückte Baumwolle enthalten, könne auch ein Kleinstbetrieb organisieren. Die EU-Kommission werde deshalb in ihrem für Juni geplanten Vorschlag für ein EU-Lieferkettengesetz alle Unternehmen einbeziehen, egal welcher Größe, kündigte er an. Die EU-Regeln sollten zudem auch für Unternehmen gelten, die keinen Sitz in der EU hätten, aber ihre Produkte im Binnenmarkt verkaufen wollten.
Verstöße will Reynders dem Bericht zufolge zudem nicht nur mit Bußgeldern belegen, sondern prüft auch strafrechtliche Folgen. Vor allem aber sollen die Unternehmen zivilrechtlich haften. "Die Aktionäre und andere betroffene Parteien, aber auch Organisationen wie Gewerkschaften sollen auf Schadensatz klagen können, so wie wir das in Reaktion auf den Dieselskandal mit den EU-Regeln für Kollektivklagen ermöglicht haben", sagte Reynders der Zeitung.
by Virginia Mayo