Beim EU-Finanzgipfel haben sich die Staats- und Regierungschefs auf die Einführung neuer Abgaben verständigt, um langfristig die gemeinsamen Schulden für den Corona-Hilfsfonds zu tilgen. Die am frühen Dienstagmorgen verabschiedete Einigung sieht eine Abgabe der Mitgliedstaaten auf nicht recyceltes Plastik ab dem 1. Januar 2021 vor. Bis spätestens 2023 sollen eine Abgabe bei der Einfuhr von CO2-intensiven Produkten aus Drittstaaten sowie eine spezielle Steuer für Digitalunternehmen folgen.
Mit dem 750 Milliarden Euro schweren Corona-Aufbaufonds will die EU die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie in den besonders stark getroffenen Mitgliedstaaten abmildern. Finanziert werden soll er durch gemeinsame Schulden, die von der EU-Kommission an den Finanzmärkten aufgenommen werden. Sie sollen bis zum Jahr 2058 wieder abgetragen werden.
Die Plastiksteuer wird nach Gewicht berechnet: Jeder Mitgliedstaat muss demnach ab nächstem Jahr 80 Cent pro Kilo Plastik, das nicht wieder verwertet wird, an Brüssel abführen. Durch die Maßnahme erhofft sich die EU vor allem eine Reduzierung von Plastikmüll - die Einnahmen dürften mit der Zeit also sinken.
Eine langfristig stabilere neue Einnahmequelle Brüssels soll eine CO2-Grenzsteuer darstellen. Bei Importen von Produkten, die auf klimaschädliche Weise in Drittstaaten hergestellt werden, soll demnach ein Aufschlag erhoben werden. Ziel ist es, eine Abwanderung der Industrie in Länder zu verhindern, die beim Klimaschutz weniger ehrgeizig sind, als die EU.
Unter anderen Bundeskanzlerin Angela Merkel und ihr Wirtschaftsminister Peter Altmaier (beide CDU) waren diesem Vorhaben in der Vergangenheit mit Skepsis begegnet, weil andere Länder dies als Protektionismus auffassen könnten. Die EU-Kommission soll nun im nächsten Jahr einen konkreten Gesetzesentwurf vorlegen, um die Steuer bis 2023 einzuführen.
Derselbe Zeitplan gilt für eine geplante Steuer für Digitalunternehmen. Seit Jahren laufen Verhandlungen, um dies auf internationaler Ebene zu regeln. Besonders die USA blockierten hier zuletzt aber Fortschritte. Merkel sagte am Dienstag, sie hoffe nach wie vor, die Digitalsteuer "auf internationaler Basis" einführen zu können. Notfalls will die EU es nun bis 2023 aber alleine machen.
Ebenfalls Erwähnung finden in der Haushaltseinigung ein "überarbeiteter Abgashandel", der möglicherweise auf den Flug- und Schiffsverkehr ausgeweitet werden soll, sowie eine Steuer auf Finanztransaktionen. In beiden Fällen vereinbarten die Staats- und Regierungschefs keinen konkreten Zeitrahmen. Über die Einführung einer Finanztransaktionssteuer wird auf EU-Ebene bereits seit Jahren erfolglos diskutiert.
Beim Emissionshandel gebe es das Problem, dass die Einnahmen daraus in Deutschland zum Beispiel bereits im nationalen Haushalt verbucht seien, sagte Merkel. Insgesamt dämpfte die Kanzlerin bei den neuen Eigenmitteln der EU die Erwartungen: Da "steht (...) uns schon noch ein weiterer Weg bevor."
by Von Peter EßER