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EU blickt mit Erleichterung und Hoffnung auf Amtseinführung von Biden

Ratspräsident Michel bietet "neuen Gründungspakt" für EU-USA-Beziehungen an

Die EU blickt mit Erleichterung und Hoffnung auf die künftigen Beziehungen zu den USA nach der Amtseinführung des neuen US-Präsidenten Joe Biden. EU-Ratspräsident Charles Michel stellte Washington am Mittwoch bei einer Rede im Brüsseler Europaparlament einen "neuen Gründungspakt" für die Zusammenarbeit in Aussicht. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen begrüßte die USA unter Biden "zurück im Kreis gleichgesinnter Staaten".

"Nach vier langen Jahren wird Europa wieder einen Freund im Weißen Haus haben", sagte von der Leyen mit Blick auf die Präsidentschaft von Donald Trump, der stark auf nationale Alleingänge gesetzt hatte. Die Welt habe lange gewartet. "Dieser Tag bringt die USA zurück." Europa stehe bereit, um "die Verbindung mit seinem alten und vertrauten Partner wieder aufzunehmen, um neues Leben in unsere geschätzte Allianz zu bringen". Der erklärte Anhänger des Multilateralismus Biden wird am Mittwoch als neuer US-Präsident vereidigt.

Ratspräsident Michel äußerte die Hoffnung, dass die neue transatlantische Bindung Europa und die USA "stärker" und die Welt "besser" machen werde. Er nannte fünf Prioritäten für die Zusammenarbeit: die Förderung multilateraler Zusammenarbeit, den Kampf gegen die Corona-Krise, das Vorgehen gegen den Klimawandel, den Wiederaufbau der Wirtschaft durch fairen Handel und digitalen Wandel sowie "ein Bündeln der Kräfte bei Sicherheit und Frieden".

Michel lud Biden ein, an einer außerordentlichen Sitzung der EU-Staats- und Regierungschefs teilzunehmen, die am Rande des nächsten Nato-Gipfels organisiert werden könnte. Der Ratspräsident habe darüber am Dienstag bereits mit Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg gesprochen, hieß es aus EU-Kreisen. Einen Termin gibt es demnach aber noch nicht.

Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell unterstrich trotz der Veränderungen in Washington das Streben der EU nach mehr "strategischer Autonomie". Die letzten vier Jahre "müssen in unserer zukünftigen Beziehung berücksichtigt werden". Er sei der Überzeugung, dass "ein selbstsichereres, stärkeres und widerstandsfähiges Europa der beste Partner der USA sein wird", sagte Borrell bei der Debatte im EU-Parlament.

Die "Erleichterung" über den Amtswechsel in Washington dürfe nicht darüber hinwegtäuschen, dass Trump zwar nun "Geschichte" sei, "seine Anhänger aber bleiben", schränkte auch von der Leyen ein. Die Erstürmung des Kapitols habe gezeigt, wie die ungefilterte Verbreitung von Falsch- und Hassbotschaften in sozialen Netzwerken die Demokratie gefährden können, sagte die Kommissionspräsidentin.

Sie verwies auf kürzlich vorgestellte Gesetzesvorhaben ihrer Behörde zur Regulierung der Anbieter digitaler Dienste. Auf diesem Gebiete habe Europa "der neuen Regierung in Washington viel anzubieten". Ihr schwebe vor, gemeinsam mit den USA "ein weltweit gültiges Regelbuch für die Digitalwirtschaft" zu schaffen.

Es sei falsch, Trumps Anhänger als "als populistische Wähler anzugreifen", sagte der Fraktionschef der Konservativen, Manfred Weber (CSU). Schließlich seien Forderungen nach strengen Grenzkontrollen, einem rigorosen Auftreten gegenüber China oder die Verteidigung amerikanischer Jobs nicht "radikal". Die Fraktionschefin der Sozialdemokraten, Iratxe García, machte die soziale Ungerechtigkeit als einen der wichtigsten Gründe für die Unzufriedenheit vieler Bürger beiderseits des Atlantiks aus.

Auch der AfD-Abgeordnete Maximilian Krah verurteilte die Erstürmung des Kapitols durch Trump-Anhänger als "Verbrechen". Allerdings sei das Abschalten des Twitter-Accounts des scheidenden US-Präsidenten ein noch "größerer Anschlag auf die Demokratie und den freien Meinungsaustausch".

by Von Peter EßER