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Esken räumt nach Sonneberg-Wahl Mitverantwortung von Ampel für Wählerverdruss ein

Nach dem AfD-Wahlsieg im thüringischen Landkreis Sonneberg wird über Ursachen und Konsequenzen diskutiert. CDU-Generalsekretär Mario Czaja warf der Ampel-Koalition am Montag eine spalterische Politik vor und schob ihr die Hauptverantwortung für das Ergebnis bei der Landratswahl in Sonneberg zu. SPD-Chefin Saskia Esken nahm ihrerseits die CDU ins Visier, räumte aber auch eine Mitverantwortung der Ampel für den Verdruss der Wähler etwa durch Kommunikationsdefizite ein.

Der AfD-Kandidat Robert Sesselmann hatte die Landratswahl in Sonneberg am Sonntag gewonnen. In der Stichwahl setzte er sich mit 52,8 Prozent der Stimmen gegen den CDU-Kandidaten Jürgen Köpper durch, der auch von der Linken, der SPD, den Grünen und der FDP unterstützt wurde. Damit besetzt die AfD deutschlandweit erstmals ein kommunales Spitzenamt.

Die AfD habe im Wahlkampf viele bundespolitische Themen aus Berlin thematisiert, sagte Czaja im Sender Phoenix. "Die Bundesregierung spaltet das Land - sie hat zu viele Themen und Vorschläge, die im Land nicht auf Konsens stoßen."

Esken sagte in Berlin, auch die Ampel-Koalition habe "ihre Politik in letzter Zeit zu wenig erklärt, nicht gut organisiert". Als Beispiel nannte sie das Heizungsgesetz. Zugleich nahm die SPD-Chefin für den "Dammbruch" von Sonneberg aber auch die Union in Mithaftung. CDU und CSU müssten "endlich verstehen, wer am Ende wirklich profitiert von diesem rechtspopulistischen Kulturkampf, den sie aus vielen Themen machen", sagte Esken. "Denn das ist nur die AfD."

Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt (Grüne) forderte von den Christdemokraten eine deutliche Abgrenzung zur AfD. Sie erwarte von der CDU in Thüringen, dass sie "nicht weiter der AfD hinterherläuft", sagte die Grünen-Politikerin dem "Tagesspiegel". "Denn dann muss man sich nicht wundern, dass das Original gewählt wird."

FDP-Vizechef Wolfgang Kubicki sagte der "Stuttgarter Zeitung" und den "Stuttgarter Nachrichten", das Ergebnis von Sonneberg sei "ein deutlicher Fingerzeig nach Berlin und klar als Protestwahl zu werten". "Es ist die Quittung für eine politische Kultur, die nicht mehr vorrangig Probleme löst, sondern oft durch Angsteinflößung Geländegewinne zu erzielen versucht."

Linken-Chef Martin Schirdewan kritisierte im ZDF-"Morgenmagazin", dass CDU, CSU und teilweise auch die FDP der AfD manchmal den "roten Teppich" ausrollten, indem sie "ihre Sprüche übernehmen, indem sie ihre Politik übernehmen, beim Klimawandel zum Beispiel, bei der Migrationspolitik oder auch in Fragen gendergerechter Sprache".

Die Bundesregierung reagierte zurückhaltend auf den Wahlausgang in Südthüringen, mahnte aber generell zur Beachtung demokratischer Gepflogenheiten ungeachtet aller Krisen und Probleme. "Deutschland ist ein starkes Land und eine starke Demokratie", sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit.

Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) wertete das Ergebnis in Sonneberg auch als Hinweis auf den Zustand der deutschen Einheit, der "psychologisch einige Macken erlitten" habe. Mit Blick auf die Landtagswahl in Thüringen im Herbst 2024 äußerte der Linkspolitiker zugleich die Sorge über einen weiteren Wahlerfolg der AfD.

Die Partei ist in Thüringen vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextremistisch eingestuft und wird beobachtet. Die demokratische Parteien müssten sich vorher darüber verständigen, wie mit diesem drohenden Szenario umzugehen sei, sagte Ramelow in Neustadt an der Orla. 

Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, sprach gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland von einem "Dammbruch, den die demokratischen politischen Kräfte in diesem Land nicht einfach hinnehmen dürfen".

hex/cfm