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Erstmals Tiananmen-Jahrestag in Hongkong ohne Massenprotest gegen Peking

Mit-Organisatorin der jährlichen Mahnwache festgenommen - Protest mit Kerzen

Zum ersten Mal seit Jahrzehnten hat in Hongkong keine Mahnwache zum Jahrestag der Niederschlagung der Proteste auf dem Pekinger Tiananmen-Platz 1989 stattgefunden. Die Polizei in der chinesischen Sonderverwaltungszone ging am Freitag massiv gegen sich abzeichnende Gruppen vor, nachdem sie bereits am Morgen eine der Organisatorinnen der jährlichen Mahnwachen mit teilweise zehntausenden Teilnehmern festgenommen hatte. Die USA bekräftigten ihre Unterstützung für die Tiananmen-Aktivisten.

Die Juristin Chow Hang Tung wurde vor ihrem Büro von vier Polizisten in Zivil abgeführt, wie ein Reporter der Nachrichtenagentur AFP berichtete. Sie ist Vizevorsitzende der Hongkong-Allianz, die jedes Jahr am 4. Juni eine Mahnwache zum Gedenken an die Opfer der brutalen Niederschlagung von 1989 organisiert. Der Chef der Allianz, Lee Cheuk Yan, ist ebenfalls inhaftiert.

Die Behörden in Hongkong hatten die Gedenkveranstaltung bereits zum zweiten Mal in Folge unter Verweis auf die Corona-Pandemie verboten - obwohl zuletzt kaum noch Infektionsfälle verzeichnet wurden.

Neben Chow wurde ein 20-jähriger Verdächtiger festgenommen, wie die Polizei mitteilte. Ihnen werde vorgeworfen, in den Online-Netzwerken Aufrufe zu nicht genehmigten Versammlungen veröffentlicht zu haben.

Nach dem Verbot der Behörden hatte die Hongkong-Allianz mitgeteilt, auf die Ausrichtung der Gedenkveranstaltung zu verzichten. Chow hatte dennoch angekündigt, dass sie sich zum Victoria-Park begeben werde, wo sich in den vergangenen Jahren tausende Menschen zur Tiananmen-Mahnwache versammelt hatten.

Diesmal war der Victoria-Park abgeriegelt, Polizisten versuchten Menschen mit Lautsprechern aus den umliegenden Straßen zu vertreiben. Wer sich doch dem Park nähern wollte, wurde angehalten und durchsucht. Rund 7000 Polizisten waren im Einsatz, um mögliche Versammlungen zu unterbinden. Bereits im Vorfeld war bei Verstößen mit Anklagen unter dem sogenannten Sicherheitsgesetz gedroht worden.

Auf Aufruf der Aktivisten hielten Passanten in vielen Bezirken um 20 Uhr Ortszeit Kerzen oder Handy-Taschenlampen in die Luft. Viele Hongkonger zündeten Kerzen in ihren Fenstern oder auf ihren Balkonen an.

Im vergangenen Jahr hatten sich anlässlich des Jahrestages der Niederschlagung der studentischen Pro-Demokratie-Proteste zehntausende Menschen in Hongkong dem Versammlungsverbot widersetzt. Mehrere Demokratie-Aktivisten wurden wegen ihrer Teilnahme verurteilt, darunter auch Joshua Wong, einer der bekanntesten Vertreter der Demokratie-Bewegung.

Gegen den wachsenden Einfluss Pekings hatte es in Hongkong 2019 monatelange Massenproteste gegeben. Als Reaktion darauf erließ die chinesische Führung im vergangenen Jahr das sogenannte Sicherheitsgesetz, das den Behörden in Hongkong ein hartes Vorgehen gegen alle Aktivitäten erlaubt, die nach ihrer Auffassung die nationale Sicherheit Chinas bedrohen.

Die USA betonten derweil ihre Unterstützung für die Tiananmen-Aktivisten. Sein Land werde "die Opfer derjenigen ehren, die vor 32 Jahren getötet wurden", sagte US-Außenminister Antony Blinken. Er lobte "die mutigen Aktivisten, die ihre Bemühungen heute angesichts der anhaltenden Repressionen der Regierung fortsetzen".

Angesichts der US-Äußerungen holte China zum verbalen Gegenschlag aus. Peking forderte die USA auf, "in den Wir zu schauen" und "sich ihren eigenen ernsten Menschenrechtsproblemen zu stellen", wie Außenamtssprecher Wang Wenbin sagte.

In Peking wurden vor dem Jahrestag der Protest-Niederschlagung die Sicherheitsvorkehrungen am Tiananmen-Platz verschärft. An den Eingängen zu dem Platz gab es Passkontrollen, wie ein AFP-Reporter berichtete.

Auf den chinesischen Online-Plattformen WeChat und Weibo wurden die Nutzer gehindert, das Kerzen-Symbol zu posten. Die Suche nach "64", das für den 4. Juni und damit für das Datum der Niederschlagung steht, wurde auf Weibo blockiert.

Die chinesische Armee war in der Nacht zum 4. Juni 1989 mit Panzern gegen Studenten vorgegangen, die auf dem Tiananmen-Platz für mehr Demokratie demonstrierten. Hunderte, nach einigen Schätzungen sogar mehr als tausend Menschen wurden getötet. Die Vorfälle von 1989 sind in China bis heute ein Tabuthema, alle Gedenkveranstaltungen auf dem chinesischen Festland sind verboten.

by Von Su Xinqi