Zum Auftakt der Warnstreiks im öffentlichen Dienst von Bund und Kommunen haben am Dienstag Beschäftigte in zahlreichen städtischen Betrieben, Verwaltungen, Kitas und Kliniken die Arbeit niedergelegt. In Nordrhein-Westfalen waren kommunale Einrichtungen in Duisburg, Remscheid, Unna und Gütersloh betroffen. In Bayern gab es Arbeitsniederlegungen in Augsburg. Verdi-Chef Frank Werneke warf den Arbeitgebern vor, sie hätte durch ihre Unbeweglichkeit in den Tarifverhandlungen zu der Eskalation beigetragen.
Bislang hätten die Arbeitgeber kein eigenes Tarifangebot vorgelegt. Es bleibe der Arbeitnehmerseite "gar nichts anderes übrig" als zu streiken, sagte er im ZDF-"Morgenmagazin". Begonnen werde mit "kleineren, eher betriebsbezogenen Aktionen". Ein Schwerpunkt der ersten Warnstreiks liegt Werneke zufolge bei den Krankenhäusern, weil dort "besonders hoher Druck" herrsche. Kitas stünden angesichts der Belastungen von Eltern in der Corona-Krise "nicht im Fokus".
Im Tarifstreit im öffentlichen Dienst von Bund und Kommunen geht es um die Gehälter von 2,3 Millionen Beschäftigten. Verdi und der Deutsche Beamtenbund fordern 4,8 Prozent höhere Löhne, monatlich jedoch mindestens 150 Euro mehr Geld. Die Arbeitgeber legten bislang kein Angebot vor.
An den Warnstreiks am Dienstag beteiligen sich Verdi zufolge unter anderem rund 125 Beschäftigte der Stadtentwässerung in Augsburg. Der Deutsche Beamtenbund rief zudem Mitarbeiter von Krankenhäusern in Nordbayern zu Aktionen auf. Betroffen waren unter anderem Kliniken in Bayreuth, Erlangen, Ansbach, Günzburg und Regensburg. Der Klinikbetrieb werde dadurch nicht beeinträchtigt, sagte ein Verbandssprecher.
In Nordrhein-Westfalen rief Verdi Mitarbeiter der Kreis- und Stadtverwaltung Unna, der Recyclinghöfe in Duisburg, der Stadtverwaltung und Technischen Betriebe in Remscheid sowie in Gütersloh Mitarbeiter von Verwaltung, Kitas, Bauhöfen und des Klinikums zu ganztätigen Streikaktionen auf. In Baden-Württemberg gab es Protestkundgebungen in Emmendingen und Freiburg.
Die Arbeitgeberseite kritisierte die Warnstreiks. Diese seien "der falsche Weg", sagte der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebunds, Gerd Landsberg, der "Bild"-Zeitung. Die Steuereinnahmen der Kommunen würden in den kommenden Jahren einbrechen. Es müsse deshalb Kompromisse geben.
Auch Städtetagspräsident Burkhard Jung (SPD) mahnte eine "faire Lösung für den Tarifkonflikt" am Verhandlungstisch an. "Warnstreiks während der Corona-Pandemie wirken wie aus der Zeit gefallen", sagte der Leipziger Oberbürgermeister den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Die Städte seien sich ihrer Verantwortung gegenüber ihren Beschäftigten bewusst. Jung verwies aber gleichzeitig auf die immensen finanziellen Einbußen der Kommunen durch die Folgen der Pandemie.
Der Präsident der Vereinigung kommunaler Arbeitgeberverbände (VKA), Ulrich Mädge, wies die Gewerkschaftsforderungen erneut als überzogen zurück. "Sechs Milliarden Euro für das gesamte Bundesgebiet geht überhaupt nicht", sagte Mägde im Bayerischen Rundfunk. Das sei so viel Geld, wie die Kommunen vom Bund gerade für ihre Gewerbesteuerausfälle erhalten hätten.
Die Gewerkschaften wollen mit weiteren Warnstreiks den Druck auf die Arbeitgeber erhöhen. In Baden-Württemberg sollen am Mittwoch laut Verdi Dienststellen in Friedrichshafen und am Donnerstag in Ulm und der Region Ludwigsburg bestreikt werden.
Am Donnerstagfrüh sind in Hamburg Beschäftigte des öffentlichen Diensts zu einer Auftaktkundgebung am Jungfernstieg aufgerufen. In Hessen soll es ganztätige Warnstreiks in Krankenhäusern, Altenpflegeeinrichtungen und in einzelnen sozialen Trägern in Frankfurt, Offenbach, Friedberg und Bad Nauheim geben. Auch in Niedersachsen sind am Donnerstag Aktionen geplant.
Der Deutsche Beamtenbund ruft für Donnerstag zu einer Kundgebung in Berlin auf. Am Freitag wollen Sozialarbeiter in Köln und Hamburg die Arbeit niederlegen. Auch in Berlin und Brandenburg plant Verdi ab Freitag Warnstreiks. Betroffen sind dann unter anderem die Berliner Stadtreinigung, die Wasserbetriebe, kommunale Krankenhäuser sowie Kindertagesstätten in Brandenburg.
by Ina FASSBENDER