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Erste europäische Länder nehmen Impfungen mit Astrazeneca wieder auf

In Frankreich sollen nur über 55-Jährige Vakzin erhalten - Skandinavier noch zögerlich

Nach dem grünen Licht der Europäischen Arzneimittelbehörde (EMA) für den Einsatz des Corona-Vakzins von Astrazeneca haben neben Deutschland auch weitere europäische Länder die Impfungen wieder aufgenommen. Allerdings sollen in Frankreich nur noch Menschen ab dem Alter von 55 Jahren den Impfstoff erhalten, wie die Gesundheitsbehörde (HAS) am Freitag in Paris mitteilte. Dänemark und andere skandinavische Länder sind vorsichtiger und wollen Astrazeneca wegen der möglichen Gefahr schwerer Blutgerinnsel vorerst noch nicht wieder einsetzen.

Die französische Gesundheitsbehörde empfahl der Regierung, das Astrazeneca-Vakzin "unverzüglich" wieder zu verabreichen. Um Vertrauen zu schaffen, wollte sich auch Premierminister Jean Castex im Laufe des Tages mit dem Vakzin impfen lassen. Castex ist 55 Jahre alt. In Frankreich wurden nach Angaben der Gesundheitsbehörde drei Fälle von Blutgerinnseln nach Impfungen gezählt.

Der Europäischen Arzneimittelbehörde (EMA) zufolge sind vor allem bei Frauen unter 55 Jahren nach Impfungen lebensgefährliche Blutgerinnsel im Gehirn aufgetreten. Insgesamt hatte die EMA das Präparat von Astrazeneca aber nach einer Sondersitzung am Donnerstag als "sicher und wirksam" bewertet. Der zuständige Ausschuss sei zu einer "eindeutigen wissenschaftlichen Schlussfolgerung" hinsichtlich der Sicherheit des Vakzins gekommen, sagte EMA-Chefin Emer Cooke. Der Nutzen des Impfstoffs beim Schutz vor einer Covid-19-Erkrankung überwiege "mögliche Risiken".

Einen Zusammenhang zwischen Impfungen mit Astrazeneca und seltenen, aber gefährlichen Blutgerinnseln im Gehirn konnte die EU-Behörde aber "nicht endgültig" ausschließen. Die Produktinformation für das Vakzin soll nun dementsprechend angepasst werden, um Patienten und Ärzte auf die möglichen Gefahren hinzuweisen.

Auf diesen möglichen Zusammenhang verwies am Freitag auch die dänische Gesundheitsbehörde bei ihrer Entscheidung, den Corona-Impfstoff von Astrazeneca vorerst noch nicht wieder einsetzen. In Dänemark würden derzeit zehn Fälle von schweren Blutgerinnseln nach Astrazeneca-Impfungen untersucht, darunter ein Todesfall. Insgesamt erhielten mehr als 140.000 Dänen das Vakzin. Das Land hatte nach Berichten über die Blutgerinnsel in der vergangenen Woche als erstes Land in Europa die Impfungen mit Astrazeneca unterbrochen.

Nach Dänemark hatten auch Deutschland und viele weitere EU-Länder die Impfungen mit Astrazeneca gestoppt - nach der EMA-Erklärung kündigten dann unter anderem auch Italien, Spanien, die Niederlande und Portugal an, das Vakzin wieder einsetzen zu wollen. Dagegen wollen Norwegen und Schweden so wie Dänemark vorerst noch weitere Untersuchungen abwarten.

Viele Länder in Europa kämpfen derzeit wie Deutschland gegen einen deutlichen Anstieg der Infektionszahlen. Um die sogenannte dritte Welle zu brechen, soll in Frankreich am Samstag in vielen Regionen ein erneuter Lockdown in Kraft treten. Im Pariser Großraum und den anderen betroffenen Gebieten müssen für mindestens vier Wochen alle Geschäfte des nicht täglichen Bedarfs schließen. Auch die Bewegungsfreiheit von rund 20 Millionen Bürgern wird eingeschränkt. Die meisten Schulen sollen dagegen offen bleiben.

by JOEL SAGET