Ein weiterer Corona-Krisengipfel von Bund und Ländern noch vor Weihnachten wird immer wahrscheinlicher. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) zeigte sich angesichts der hohen Infektionszahlen überzeugt, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Regierungschefs der Länder in den kommenden Tagen über schärfere Regeln beraten werden. Die Bundesregierung zeigte sich offen dafür. Regierungssprecher Steffen Seibert hob hervor, dass Spitzenberatungen "jederzeit" möglich seien.
Der bayerische Ministerpräsident Söder hält ein Spitzentreffen von Bund und Ländern vor Weihnachten für zwingend. "Ich bin mir sicher, dass wir uns noch einmal vor Weihnachten treffen", sagte Söder im ARD-"Morgenmagazin". In Hotspots, in denen die Infektionszahlen hoch blieben, müsse man "nachlegen".
Das bayerische Kabinett hatte am Sonntag weitreichende Ausgangsbeschränkungen beschlossen und den Katastrophenfall ausgerufen. Auch auf Lockerungen an Silvester soll nach dem Willen der Landesregierung verzichtet werden. Söder will seine Maßnahmen am Dienstag im Landtag zur Abstimmung stellen, sie sollen am Mittwoch in Kraft treten. Damit würden in Bayern die strengsten Corona-Regeln bundesweit gelten.
Regierungssprecher Seibert bezeichnete die für Bayern angekündigten Maßnahmen als "gut und richtig". Es sei "selbstverständlich und auch notwendig, dass jetzt einzelne Bundesländer nachdenken, mit welchen Maßnahmen sie das Infektionsgeschehen weiter eindämmen können".
Die Möglichkeit länderspezifischer Maßnahmen sei in den Gesprächen zwischen Merkel und den Regierungschefs der Länder ausdrücklich vereinbart worden, sagte Seibert. Weitere Spitzenberatungen von Bund und Ländern seien dabei "jederzeit" möglich. Einen Termin für ein solches Gespräch vor Weihnachten gebe es aber noch nicht. Vereinbart sei bislang nur die Spitzenrunde am 4. Januar.
Die Infektionszahlen gingen "nicht wie erhofft stetig runter", sondern stiegen mancherorts sogar wieder an, sagte Seibert. Deutschland sei "weit entfernt von der erhofften Trendwende". Das Robert-Koch-Institut meldete am Montag innerhalb eines Tages 12.332 Neuinfektionen mit dem Coronavirus. Das waren rund 1200 mehr als am Montag vor einer Woche, als das RKI 11.169 Neuinfektionen gemeldet hatte.
Auch der saarländische Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) forderte einen baldigen neuen Krisengipfel von Bund und Ländern. Es solle möglichst schon in der kommenden Woche ein neues Spitzengespräch stattfinden, um über die aktuelle Situation gemeinsam zu beraten, sagte er dem "Wir". Hans mahnte ein bundesweit abgestimmtes Vorgehen an. Nur so werde am Ende Akzeptanz erreicht.
Auch Baden-Württemberg drängt auf ein baldiges Krisentreffen. Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) sei beim bislang letzten Treffen der Einzige gewesen, "der ein weiteres Treffen vor Weihnachten für dringend erforderlich gehalten hat", sagte sein Sprecher Rudi Hoogvliet der "Stuttgarter Zeitung" und den "Stuttgarter Nachrichten". Er freue sich, dass Söder und andere Ministerpräsidenten diese Forderung nun unterstützten.
Der Regierende Bürgermeister und derzeitige Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz, Michael Müller(SPD), sieht weitere Beratungen der Länderchefs mit Merkel vor Weihnachten dagegen kritisch. "Ich bin da noch unsicher", sagte Müller im Bayerischen Rundfunk. Die Länder könnten für sich passende Maßnahmen beschließen.
Grünen-Chef Robert Habeck nannte verschärfte Corona-Maßnahmen "notwendig". Die geplanten Lockerungen sollten auf Weihnachten beschränkt werden, wie es Baden-Württemberg vorgeschlagen habe. "Sonst droht eine dritte Welle", warnte Habeck.
Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus (CDU) bekräftigte seine Forderung, dass Bund und Länder die für die Feiertage anvisierten Lockerungen der Kontaktbeschränkungen noch einmal überdenken. Er halte es für besser, über Weihnachten und den Jahreswechsel "die eine oder andere persönliche Härte" in Kauf zu nehmen als ein abermaliges Ansteigen der Infektionszahlen.
by Tobias Schwarz