Der Sieg der pro-europäischen Opposition bei der Parlamentswahl in Polen ist offiziell bestätigt. Die Wahlkommission gab am Dienstag in Warschau das amtliche Endergebnis bekannt. Demnach holte die regierende PiS 35,38 Prozent der Stimmen. Sie bleibt damit zwar stärkste Kraft im Sejm. Die Opposition könnte die rechtsnationalistische Regierung nun aber von der Macht verdrängen, da die liberal-konservative Bürgerkoalition von Ex-Regierungschef Donald Tusk und ihre möglichen Koalitionspartner eine Mehrheit im Parlament errangen.
Dem Endergebnis zufolge kam die Bürgerkoalition auf 30,7 Prozent. Der Dritte Weg sicherte sich 14,40 Prozent der Stimmen und die Linken lagen bei 8,61 Prozent. Damit sicherten sich die drei möglichen Bündnispartner der bisherigen Opposition 248 der 460 Parlamentssitze.
Die rechtsnationalistische PiS errang 194 Mandate, während die rechtsextreme Konförderationspartei sich mit 7,16 Prozent der Stimmen 18 Sitze sicherte. Auch im Senat verfügt die liberale Opposition künftig über eine komfortable Mehrheit, sie gewann nach Angaben der Wahlkommission 66 von hundert Sitzen.
Nach einem hart ausgefochtenen Wahlkampf erreichte die Beteiligung an der Abstimmung einen Rekordwert: Mehr als 74 Prozent der Wahlberechtigten gingen am Sonntag an die Urnen und damit deutlich mehr als bei der ersten teilweise freien Wahl in Polen im Jahr 1989.
Das am Wahltag abgehaltene Referendum über Fragen zur Einwanderung und zur Wirtschaft scheiterte hingegen aufgrund einer zu geringen Beteiligung. Nur knapp 41 Prozent der Wahlberechtigten stimmten ab, damit wurde das nötige Quorum von 50 Prozent verfehlt. Die Opposition hatte zum Boykott des von der PiS initiierten Referendums aufgerufen.
Die Abstimmung galt als Richtungswahl über den künftigen Kurs gegenüber der EU, der Ukraine und Deutschland. Die PiS liegt seit Jahren mit der EU im Dauerclinch und hat Deutschland im Wahlkampf scharf angegriffen.
Oppositionsführer Tusk hatte bereits am Wahlabend die "Herrschaft der PiS" nach acht Jahren für beendet erklärt. "Polen hat gewonnen, die Demokratie hat gewonnen, wir haben sie von der Macht vertrieben", sagte er.
Nach der Bekanntgabe des endgültigen Wahlergebnisses ist nun Präsident Andrzej Duda am Zug, der der PiS nahesteht. Der Staatschef könnte nun zunächst einem PiS-Politiker als Vertreter der stärksten Kraft im Parlament den Auftrag zur Regierungsbildung übertragen. Denkbar ist aber auch, dass er angesichts der Mehrheitsverhältnisse einen Vertreter der Opposition beauftragt. Tusk hatte sich am Wahlabend ebenso wie Vertreter des Dritten Wegs und der Linken zuversichtlich geäußert, dass die drei Partner ein gemeinsames Bündnis schmieden können.
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