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Empörung über Wahl von AfD-Mann zum Stadtratsvorsitzenden im thüringischen Gera

Auschwitz Komitee nennt Wahl "würdelos und geschichtsvergessen"

Die Wahl eines AfD-Mannes zum Stadtratsvorsitzenden im thüringischen Gera ist auf Empörung und Kritik gestoßen. Das Internationale Auschwitz Komitee nannte den Vorgang am Freitag "würdelos und geschichtsvergessen". Die Wahl des AfD-Vertreters Reinhard Etzrodt müsse den Überlebenden von Auschwitz "wie Hohn in den Ohren klingen", erklärte der Vizepräsident des Komitees, Christoph Heubner, in Berlin.

Etzrodt erhielt am Donnerstagabend bei der Wahl zum Vorsitzenden des Stadtrats in geheimer Abstimmung 23 von 40 Stimmen. Die AfD-Fraktion selbst hat nur zwölf Mitglieder, elf Stimmen kamen damit aus anderen Fraktionen. Die AfD hatte als größte Fraktion im Geraer Stadtrat das Vorschlagsrecht.

Heubner nannte es einen "Zusammenbruch an Glaubwürdigkeit und eine Destabilisierung der Demokratie", wenn in einer Stadt wie Gera Stadtverordnete einen AfD-Vertreter zu einem der wichtigsten Repräsentanten der Stadt wählten. Die Außenwirkung für Gera sei "ein verheerendes Signal".

Die Thüringer Landesvorsitzende der Linken, Susanne Hennig-Wellsow, warf der CDU vor, dem AfD-Mann Stimmen gegeben zu haben und "Handlanger einer extrem rechten Partei zu sein". Der scheidende SPD-Landeschef Wolfgang Tiefensee hielt der Thüringer CDU vor, sie positioniere sich nicht klar gegen eine Zusammenarbeit mit der AfD. Eine "Abgrenzungsrhetorik" nehme der CDU "niemand mehr ab", schrieb Tiefensee auf Twitter.

Die CDU-Spitze wies die Vorwürfe zurück. Der neue CDU-Landeschef Christian Hirte schrieb auf Twitter, die Geraer CDU habe sich in der Fraktion klar darauf verständigt, den AfD-Kandidaten nicht zu wählen. "Genau so ist auch erfolgt." Der CDU-Fraktionschef im Thüringer Landtag, Mario Voigt, erklärte ebenfalls, die CDU habe in Gera "klare Haltung" gezeigt und den AfD-Mann nicht gewählt.

Der stellvertretende Bundessprecher der AfD, Stephan Brandner, nannte die Wahl von Etzrodt zum Geraer Stadtratsvorsitzenden dagegen "gelebte Demokratie".

Geras Oberbürgermeister Julian Vonarb (parteilos) mahnte mit Blick auf die Wahl, der Stadtratsvorsitz bedeute, "ein konstruktives Miteinander zu fördern". Einzel-, Fraktions- und Parteiinteressen hätten hier "keinen Platz", erklärte Vonarb.

Der Stadtratsvorsitzende ist für den Ablauf der Sitzungen verantwortlich. Dazu gehören im Wesentlichen die Eröffnung und Schließung der Sitzung sowie die Feststellung der Beschlussfähigkeit. Zudem hat er das Recht, einzelne Stadtratsmitglieder bei ungebührlichem Benehmen zur Ordnung zu rufen und gegebenenfalls auszuschließen.

by Odd ANDERSEN